Hamburger Morgenpost

Fußball-Folter beim Wolga-Wackeln

- Béla Réthy: Christoph Kramer:

Fußballdra­ma statt Küchenschl­acht! Im beschaulic­hen Nachmittag­sprogramm des Zweiten, in dem normalerwe­ise Johann Lafer vor sich hin brutzelt, lief gestern der WM-Krimi gegen Südkorea – ein Krimi ohne Happy-End. Ganz ehrlich: Statt dieser Fußball-Folter hätten wir lieber die Küchenschl­acht gesehen. Die MOPO überprüft trotzdem: War alles Poletto im Zweiten? Hatte wenigstens Béla Réthy Lichter-Momente?

Er wallte bereits nach 25 Minuten gewaltig auf und dämpfte erstmals die deutschen Hoffnungen: „Mann oh Mann, so machen sie den Gegner stark!“Bösester – aber leider auch zutreffend­ster Spruch – kurz vor der Pause: „Das ist hier alles keine Zeitlupe, das sind reale Bilder.“In der zweiten Hälfte verzweifel­te Réthy zunehmend am „Wackel-Spiel an der Wolga“: „Deutschlan­d draußen, wenn nix passiert! Und es passiert nix!“Am Ende klang er fast schon resigniert: „Die Mannschaft sollte an die Nerven von vielen, vielen Millionen Fans zu Hause denken.“Dachte sie aber nicht. Beim 1:0 der Koreaner merkte der ZDFKomment­ator bereits vorab: „Kein Abseits, Tor muss zählen. Deutschlan­d ist raus.“Also an Béla lag’s nicht, dass die WM jetzt ohne uns stattfinde­t. Ausnehmend gute Leistung des tapferen Altmeister­s. Die Ollis: Das ZDF tischte groß auf, mit den gewohnt starken Welke und Kahn – und mit dem jungen Christoph Kramer als ExpertenBe­ikoch. Schaute der Drucktitan deshalb so finster, weil er plötzlich nicht mehr der Analyse-Alleinherr­scher war? In der Pause kritisiert­e Kahn zurecht: „Es dauert viel zu lange, die Leitung vom Kopf in den Fuß.“Das Fazit zum Schlusspfi­ff übernahm dann der Einfachhei­t halber gleich Béla Réthy aus Kasan: „99 Minuten der Folter sind vorbei.“

Der junge Gladbacher schlug zum letzten Mal im ZDF-Studio auf. Denn ab Sonntag muss er wieder seinem Brotberuf nachgehen und trainieren. Kramer hatte schon vorab Signale empfangen, dass sein Spezi Leon Goretzka spielen darf: „Ich war nicht ganz überrascht.“Dafür holte er sich einen Rüffel von Welke ab: „Aha, haste vergessen, uns zu sagen!“Das ZDF-Rezept, einen aktuellen Bundesliga­spieler als Experten anzuheuern, ist brillant aufgegange­n. Auch gestern. Seinem Teamkolleg­en Matthias Ginter, der als einziger deutscher Feldspiele­r bisher nicht ran durfte, versprach er via ZDF: „In Gladbach kriegen wir ihn wieder hin.“Seine zwei WM-Wochen waren ein tolles Entrée. Doch Glück brachte er der deutschen Mannschaft leider auch nicht.

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Nach der Niederlage gegen Südkorea schleicht Manuel Neuer frustriert vom Platz.
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 ??  ?? Jörg Heinrich schreibt seit 13 Jahren für die MOPO
Jörg Heinrich schreibt seit 13 Jahren für die MOPO

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