Fußball-Folter beim Wolga-Wackeln
Fußballdrama statt Küchenschlacht! Im beschaulichen Nachmittagsprogramm des Zweiten, in dem normalerweise Johann Lafer vor sich hin brutzelt, lief gestern der WM-Krimi gegen Südkorea – ein Krimi ohne Happy-End. Ganz ehrlich: Statt dieser Fußball-Folter hätten wir lieber die Küchenschlacht gesehen. Die MOPO überprüft trotzdem: War alles Poletto im Zweiten? Hatte wenigstens Béla Réthy Lichter-Momente?
Er wallte bereits nach 25 Minuten gewaltig auf und dämpfte erstmals die deutschen Hoffnungen: „Mann oh Mann, so machen sie den Gegner stark!“Bösester – aber leider auch zutreffendster Spruch – kurz vor der Pause: „Das ist hier alles keine Zeitlupe, das sind reale Bilder.“In der zweiten Hälfte verzweifelte Réthy zunehmend am „Wackel-Spiel an der Wolga“: „Deutschland draußen, wenn nix passiert! Und es passiert nix!“Am Ende klang er fast schon resigniert: „Die Mannschaft sollte an die Nerven von vielen, vielen Millionen Fans zu Hause denken.“Dachte sie aber nicht. Beim 1:0 der Koreaner merkte der ZDFKommentator bereits vorab: „Kein Abseits, Tor muss zählen. Deutschland ist raus.“Also an Béla lag’s nicht, dass die WM jetzt ohne uns stattfindet. Ausnehmend gute Leistung des tapferen Altmeisters. Die Ollis: Das ZDF tischte groß auf, mit den gewohnt starken Welke und Kahn – und mit dem jungen Christoph Kramer als ExpertenBeikoch. Schaute der Drucktitan deshalb so finster, weil er plötzlich nicht mehr der Analyse-Alleinherrscher war? In der Pause kritisierte Kahn zurecht: „Es dauert viel zu lange, die Leitung vom Kopf in den Fuß.“Das Fazit zum Schlusspfiff übernahm dann der Einfachheit halber gleich Béla Réthy aus Kasan: „99 Minuten der Folter sind vorbei.“
Der junge Gladbacher schlug zum letzten Mal im ZDF-Studio auf. Denn ab Sonntag muss er wieder seinem Brotberuf nachgehen und trainieren. Kramer hatte schon vorab Signale empfangen, dass sein Spezi Leon Goretzka spielen darf: „Ich war nicht ganz überrascht.“Dafür holte er sich einen Rüffel von Welke ab: „Aha, haste vergessen, uns zu sagen!“Das ZDF-Rezept, einen aktuellen Bundesligaspieler als Experten anzuheuern, ist brillant aufgegangen. Auch gestern. Seinem Teamkollegen Matthias Ginter, der als einziger deutscher Feldspieler bisher nicht ran durfte, versprach er via ZDF: „In Gladbach kriegen wir ihn wieder hin.“Seine zwei WM-Wochen waren ein tolles Entrée. Doch Glück brachte er der deutschen Mannschaft leider auch nicht.