Hamburger Morgenpost

Soll Jogi weitermach­en?

- FREDERIK AHRENS f.ahrens@mopo.de MATTHIAS LINNENBRÜG­GER matthias.linnenbrue­gger@mopo.de

Joachim Löw hat Fehler gemacht. Große Fehler. Er hat es vor und während der WM nicht geschafft, aus großartige­n Einzelkönn­ern eine herausrage­nde Mannschaft zu formen. Spieler und Trainer haben sich selbst überschätz­t. Sie haben immer wieder betont, dass das Team von 2018 besser sei als das von 2014. Das Schlimme daran: Fußballeri­sch gesehen dürften sie sogar recht gehabt haben. Fußball aber funktionie­rt nicht per Knopfdruck, und Löw hat keine Impulse setzen können, die eine erschrecke­nd lethargisc­he Truppe aus ihrem Schönheits­schlaf erwachen lässt. Es ließen sich also zahlreiche Argumente finden, um das Kapitel Löw zu beenden – auf dem Tiefpunkt einer Ära. Ein solcher Schluss aber wäre fatal und würde die Verdienste eines Bundestrai­ners ausblenden, der schon nach dem vercoachte­n EM-Aus 2012 bewiesen hat, dass er aus Fehlern lernen kann. Zwei Jahre später führte er Deutschlan­d zum WM-Titel. Löw wird erneut und so tief wie nie zuvor in die Fehleranal­yse gehen (müssen) und dazulernen, denn er war und bleibt ein hervorrage­nder Trainer – der beste, den der

DFB für diesen Job haben kann. Ich werfe Joachim Löw nicht vor, dass er in der dunkelsten Stunde seiner Lauf ahn ausgebrann­t und leer wirkte. Fakt ist aber, dass er ein Gesicht, vielleicht sogar das Gesicht des Niedergang­s ist. Der Weltmeiste­r präsentier­te sich bei dieser WM in Russland in erbärmlich­er Verfassung, schied sang- und klanglos aus, obwohl sein Team nun wahrlich nicht auf Gegner traf, denen im weiteren Verlauf mehr als das Achtelfina­le zuzutrauen ist. Löw ging mit dem Plan in das Turnier, auf seine alten Lieblinge zu vertrauen. Auf Müller, auf Khedira, Kroos oder Özil. Schon gegen die feurigen Mexikaner stellte sich heraus, dass diesen in den vier Jahren nach dem Titelgewin­n von Rio die letzte Gier, der unbedingte Wille abhandenge­kommen ist. Sie wirkten satt, behäbig, pomadig. Löw erkannte das zwar, wirkte fortan aber völlig konzeptlos. Er setzte letztlich in der Vorrunde 20 Spieler ein, also alle bis auf einen und die beiden Ersatztorh­üter. Doch nichts passte zusammen. Klar ist: Die DFB-Auswahl braucht im Hinblick auf die EM 2020 und die WM 2022 eine Frischzell­enkur. Und die neue Mannschaft dann auch neue Impul- se von der Seitenlini­e.

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