Soll Jogi weitermachen?
Joachim Löw hat Fehler gemacht. Große Fehler. Er hat es vor und während der WM nicht geschafft, aus großartigen Einzelkönnern eine herausragende Mannschaft zu formen. Spieler und Trainer haben sich selbst überschätzt. Sie haben immer wieder betont, dass das Team von 2018 besser sei als das von 2014. Das Schlimme daran: Fußballerisch gesehen dürften sie sogar recht gehabt haben. Fußball aber funktioniert nicht per Knopfdruck, und Löw hat keine Impulse setzen können, die eine erschreckend lethargische Truppe aus ihrem Schönheitsschlaf erwachen lässt. Es ließen sich also zahlreiche Argumente finden, um das Kapitel Löw zu beenden – auf dem Tiefpunkt einer Ära. Ein solcher Schluss aber wäre fatal und würde die Verdienste eines Bundestrainers ausblenden, der schon nach dem vercoachten EM-Aus 2012 bewiesen hat, dass er aus Fehlern lernen kann. Zwei Jahre später führte er Deutschland zum WM-Titel. Löw wird erneut und so tief wie nie zuvor in die Fehleranalyse gehen (müssen) und dazulernen, denn er war und bleibt ein hervorragender Trainer – der beste, den der
DFB für diesen Job haben kann. Ich werfe Joachim Löw nicht vor, dass er in der dunkelsten Stunde seiner Lauf ahn ausgebrannt und leer wirkte. Fakt ist aber, dass er ein Gesicht, vielleicht sogar das Gesicht des Niedergangs ist. Der Weltmeister präsentierte sich bei dieser WM in Russland in erbärmlicher Verfassung, schied sang- und klanglos aus, obwohl sein Team nun wahrlich nicht auf Gegner traf, denen im weiteren Verlauf mehr als das Achtelfinale zuzutrauen ist. Löw ging mit dem Plan in das Turnier, auf seine alten Lieblinge zu vertrauen. Auf Müller, auf Khedira, Kroos oder Özil. Schon gegen die feurigen Mexikaner stellte sich heraus, dass diesen in den vier Jahren nach dem Titelgewinn von Rio die letzte Gier, der unbedingte Wille abhandengekommen ist. Sie wirkten satt, behäbig, pomadig. Löw erkannte das zwar, wirkte fortan aber völlig konzeptlos. Er setzte letztlich in der Vorrunde 20 Spieler ein, also alle bis auf einen und die beiden Ersatztorhüter. Doch nichts passte zusammen. Klar ist: Die DFB-Auswahl braucht im Hinblick auf die EM 2020 und die WM 2022 eine Frischzellenkur. Und die neue Mannschaft dann auch neue Impul- se von der Seitenlinie.