Bye-bye Bienenstich!
Trauer auf dem „Sauerkraut-Boulevard“: Deutsche Traditions- Bäckerei schließt nach 116 Jahren. Co-Besitzer geht nach 43 Jahren in Rente
NEW YORK – Seit 1902 bedient „Glaser’s Bake Shop“Naschkatzen in New York. Die Nachkommen der aus Bayern eingewanderten Familie backen auf Wunsch Schwarzwälder Torte, Bienenstich und Lebkuchen. Mit der Schließung verliert das Viertel der US-Metropole ein Stück deutsche Geschichte.
Unzählige deutsche Immigranten und viele deutsche Geschäfte gab es einst im New Yorker Stadtteil Yorkville. Heute gehören fast alle deutschen Einrichtungen im Viertel an der Upper East Side der Vergangenheit an. Mit einer Ausnahme: „Glaser’s Bake Shop“. Die deutsche Bäckerei bedient seit dem 2. April 1902 New Yorker Naschkatzen. Nach 116 Jahren wird nun auch „Glaser’s“schließen, heute am 1. Juli ist es so weit.
„Es war eine schwierige Entscheidung“, gesteht Co-Besitzer Herbert Glaser. „Ich habe hier 43 Jahre lang gearbeitet. Ich bin müde. Man muss stundenlang auf den Beinen stehen und die Arbeit wird schwieriger, wenn man älter wird. Es ist Zeit, in Rente zu gehen.“Deshalb verkaufen die Glasers ihren Laden.
Eine lange Schlange zieht sich durch das Geschäft, dessen Einrichtung seit 1918 nahezu unverändert blieb. „Seit wir unsere Schließung angekündigt haben, haben wir so viel zu tun wie noch nie“, erzählt der 65-jährige Glaser, der das Unternehmen mit seinem zwei Jahre älteren Bruder John führt. Aus dem Ofen dringt Plätzchenduft, während im Hintergrund Opernmusik spielt.
Auf Anfrage backen die Glasers deutsche Leckereien wie Schwarzwälder Torte, Bienenstich, Stollen, Lebkuchen und Makronen, für die Kunden bar bezahlen müssen. Man munkelt sogar, dass hier vor rund 100 Jahren die berühmten „black and white cookies“kreiert wurden, die in Deutschland „Amerikaner“genannt werden. Das Familienunternehmen blickt auf eine lange Geschichte zurück. Herberts Großeltern John Herbert und Justine Glaser stammten aus dem bayrischen Waldsassen. Um 1890 machten sie sich per Schiff auf den Weg nach Amerika. Als gläubige Christen besuchten sie eine deutsch-katholische Kirche in Yorkville, wo sie schließlich ein Gebäude kauften. Darin eröffneten sie 1902 ihre Bäckerei, die von Generation zu Generation weitergereicht wurde.
„Dass wir das Gebäude besitzen, ist der einzige Grund, warum wir so lange im Geschäft bleiben konnten“, meint Glaser, der noch immer in der Wohnung über der Bäckerei lebt. Der Sohn eines deutschen Vaters und einer irischen Mutter sagt: „Eine kleine Familienbäckerei wie unsere kann sich in Manhattan nicht halten.“
Vor ein paar Jahrzehnten war die Gegend noch deutsch, mit Brauereien, Metzgern und Restaurants. Immigranten plauderten in Deutsch auf der Straße, deutsche Filme wurden im Deutschen Theater aufgeführt und abends tanzten Einwohner beschwingt zu Volksmusik auf Tanzdielen. Auf der 86. Straße in dem Viertel, scherzhaft „Sauerkraut Boulevard“genannt, reihten sich deutsche Restaurants aneinander. „Kleine Familienunternehmen sind heutzutage eine