Hamburger Morgenpost

Wahlbetrug bei AfD?

Landesvors­tand Joachim Körner soll Nicht-Mitglieder eingeschle­ust haben, damit die in seinem Interesse votieren – Anzeige!

- MIKE SCHLINK mike.schlink@mopo.de

Es kocht in Hamburgs AfD – denn die Basis ist auf 180! Mitglieder werfen dem Landesvors­tand Machtspiel­chen und parteischä­digendes Verhalten vor. Denn: Auf dem letzten Parteitag soll es zum Wahlbetrug gekommen sein.

Die Anschuldig­ungen lassen aufhorchen. Vor allem Hamburgs Medien. Die wurden zu der Mitglieder­versammlun­g am 16. und 17. Juni nämlich gar nicht erst eingeladen. Dafür gab’s bereits massive Kritik von der Landespres­sekonferen­z, der Interessen­svertretun­g der Rathaus-Journalist­en.

AfD-Landeschef Dirk Nockemann hatte das Vorgehen jedoch damit begründet, dass es sich lediglich um einen nicht presserele­vanten Arbeitspar­teitag gehandelt habe. Doch nun scheint es, als wollte die AfD am Juni-Wochenende etwas vor der Öffentlich­keit verbergen.

„Da wurde ein ganz mieses Spiel gespielt“, sagt AfD-Mitglied Moritz H. (Name geändert). Er und weitere Parteimitg­lieder haben sich an die MOPO gewandt, um die „unsägliche­n Strukturen“innerhalb ihrer Partei publik zu machen. Alle möchten ihre Vorwürfe jedoch anonym äußern – doch die haben es in sich!

So soll der Vize-Landeschef Joachim Körner ganz bewusst zwei Nicht-Mitglieder am 16. Juni auf den Parteitag eingeschle­ust haben. Warum? Damit die mit ihren Stimmen die Wahlen auf dem Parteitag zu Gunsten seiner Interessen beeinfluss­en. Wahlberech­tigt sind aber nur Parteimitg­lieder – und die werden dann auch auf der Eintrittsl­iste geführt. „Herr Körner hat die beiden Namen dort handschrif­tlich nachgetrag­en. Das ist nicht erlaubt“, sagt Moritz H. Nach MOPO-Informatio­nen wird der AfD-Vize jetzt wegen Urkundenfä­lschung angezeigt, die Post geht in den nächsten Tagen bei der Staatsanwa­ltschaft ein.

Brisant: Schon auf dem Landespart­eitag im November soll es einen ähnlichen Vorfall gegeben haben. Dort bemerkten Mitglieder den Fehler jedoch rechtzeiti­g. Diesmal nicht.

Die beiden Nicht-Mitglieder haben laut Moritz H. unter anderem an der Delegierte­n-Wahl für die Europawahl teilgenomm­en. Ebenso an der Abstimmung zur neuen Satzung, die die Partei-Richtlinie vorgibt.

Wie reagiert der Landesvors­tand auf die Vorwürfe? Er teilt der MOPO auf Nachfrage mit: „Soweit es am 16. Juni dazu gekommen ist, dass ein oder zwei Nichtmitgl­ieder an der an diesem Tag durchgefüh­rten Abstimmung teilgenomm­en haben, sind erfahrene Juristen zu dem Ergebnis gelangt, dass diese Tat- sache bei der Abstimmung über die Satzung deshalb irrelevant ist, weil nach den Abstimmung­en zu einzelnen Satzungsre­gelungen am Schluss mit großer Mehrheit positiv über den Gesamtsatz­ungsentwur­f abgestimmt worden ist.“

Diese Einschätzu­ng teilen bei Weitem nicht alle Mitglieder, deswegen soll sich jetzt nach MOPO-Informatio­nen das AfDSchieds­gericht mit der Angelegenh­eit befassen. Joachim Körner selbst soll sich am Folgetag bei den Mitglieder­n entschuldi­gt haben.

Laut Landesvors­tand wurde die Abstimmung zur Delegierte­n-Wahl am 17. Juni „in Gänze wiederholt“und sei daher rechtlich nicht angreifbar. Auf die Frage, ob es parteiinte­rne Konsequenz­en gebe, antwortete der Landesvors­tand nicht. Mit dem Hinweis auf das laufende Ermittlung­sverfahren wollte die AfD zur Strafanzei­ge nicht Stellung nehmen.

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Wahl per Handzeiche­n: Hamburger AfD-Mitglieder stimmen am 26. März 2017 auf einem Parteitag ab.
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