Die coole neue
Getönte Fensterscheiben, eine Schiebetür als Eingang – von außen sieht der Glaspalast am Axel-SpringerPlatz in der City aus wie jedes andere Bürogebäude in der Stadt. Doch drinnen trägt man statt Anzug Schlabberpulli. Statt Lederschuhen Badelatschen. Statt im Konferenzraum trifft man sich an der Tischtennisplatte. Und in der Mittagspause kommt eine YogaLehrerin vorbei.
Rund 850 Menschen arbeiten aktuell in dem vergangenes Jahr vom BüroflächenAnbieter „WeWork“erworbenen Gebäude. Menschen, die unterschiedlichsten Projekten nachgehen. Vor allem Kreative und Start-ups, aber auch zunehmend finanzstarke Unternehmen wie die Deutsche Bahn oder Siemens. Das Einzige, was die Mieter verbindet, ist der Arbeitsort und das, was der Coworking-Konzern ihnen drum herum alles so anbietet.
„Uns geht es einzig und allein um Vernetzung“, sagt eine Sprecherin des 2010 in New York gegründeten Office-Geschäftsmodells, das gerade den Erdball im Rekordtempo erobert. „Wework“hat bereits 242 Glitzerpaläste in 71 Städten. Das Geschäftsmodell ist simpel: Büroflächen in sehr teuren City-Lagen werden angemietet und als parzellierte Einzelarbeitsplätze für sehr viel mehr Geld weitervermietet. So kostet die Miete zwischen 300 Euro monatlich am sogenannten Hotdesk, was so viel bedeutet wie täglich freie Platzwahl an einem der vielen Schreibtische im Großraumbüro, und 500 Euro für das abgetrennte Privatbüro. Auch andere Anbieter wie Mindspace, Spaces, das Betahaus und Rent24 arbeiten so.
In Deutschland ist „WeWork“bereits vier Mal in Berlin vertreten, je ein Mal in München und Frankfurt. Das Bürohaus in Hamburg soll schon bald um zwei weitere am Gänsemarkt und in der Europa-Passage am Ballindamm ergänzt werden.
Daniela Stein und Lars Freytag stehen am Kicker zwischen einer gemütlichen Sofa-Ecke und einer modernen Küchenzeile, an der sich jeder umsonst mit Cappuccino oder Obst-Wasser versorgen kann. Mit voller Konzentration schießen sie den Ball zwischen den Männchen hin und her. Tatsächlich ist die Zusammenkunft zwischen der Büroleiterin und dem Geschäftsführer des Entsorgungsmaklers „Junkbusters“jedoch rein professionell. Das Spiel dient nur einer kurzen Auflockerung. „Wir waren früher in Stellingen. Jetzt arbeiten wir hier, weil die Innenstadtlage für uns von Vorteil ist. Außerdem sind die Büroräume flexibel, falls wir uns mal vergrößern sollten“, erklärt Daniela Stein.
Die Community-Managerin Lisa May (29) schwärmt: „Ich stehe morgens gerne auf, um zur Arbeit zu gehen. Hier kriege ich das komplette Wohlfühlprogramm mit Kaffee, Internet, Tisch und Wellness. Mir gefällt der amerikanische Style: diese Lockerheit. Wir sind alle per Du.“ „WeWork“will mehr sein als nur Büro. Die Grenze zwischen Privatem und Beruflichem verschwimmt in dem Unternehmen, das dieses Jahr mit der Vermietung von Schreibtischen eine Milliarde Umsatz erzielen will. Wirtschaftspsychologen und Arbeitsmediziner kritisieren das. Zwar würden „Coworker ihre eigene Gesundheit besser bewerten als andere Beschäftigte in traditionellen Büros oder im Home-Office“, so Professor Volker Harth vom Zentrum für Psychosoziale Medizin am UKE. Grund sei die Möglichkeit, sich die Arbeit selbstbestimmt einteilen zu können. „Andererseits können auch negative Auswirkungen durch einen erhöhten Druck oder verlängerte Arbeitszeiten vorliegen. Dadurch können sich die Betroffenen nur schwer von der Arbeit erholen“, erklärt
„Coworker bewerten ihre eigene Gesundheit besser als andere Beschäftigte.“
Prof. Volker Harth, UKE