Hier kommt das etwas and
Popmusiker Andreas Dorau und „Hanseplatte“-Gründer Gereon Klug haben mit „König der Möwen“das etwas andere Musical für Hamburg geschrieben. Anfang August feiert es auf Kampnagel Premiere. Die MOPO hat mit den beiden gesprochen.
MOPO: Wie sind Sie auf die Möwe gekommen?
Gereon Klug: Hamburg fehlt das Wappentier. Berlin hat den Bären, München einen Löwen, und was hat Hamburg? Jetzt eine Möwe!
Sie ist das perfekte Wappentier für Hamburg, denn sie steht für Freiheit, Unangepasstheit, Hoffnung, aber auch Hinterlist, Bösartigkeit und Gier.
Klug: Sie lässt sich nicht alles gefallen. Sie hat eine große Nähe zur Natur. Aber man darf sie nicht mehr füttern, sie wird an den Rand gedrängt. Insofern ist unser Ziel, die Möwe auf die Hamburger Landkarte zurückzubringen und ihr im Wappen Hamburgs wieder zu dem Status zu verhelfen, der ihr gebührt. Eine stolze Möwe wäre als Symbol für Hamburg auch viel besser als ein Wasserträger.
Drei Wochen Theater-Proben liegen hinter Ihnen. Wie ist die Stimmung?
Dorau:Gut, aber es schlaucht ganz schön. Wir sitzen daneben, sehen, wie die Schauspieler das mal so, mal so ausprobieren, und haben Angst um jedes Wort.
Wieso das?
Dorau: Als wir anfingen zu proben, hatte unser Skript 90 Seiten. Wir mussten dann lernen, dass ein TheaterScript 36 Seiten haben soll. Und da hat man schon Sorge, dass sich beim Kürzen das Stück verändert.
Klug: Sonst wird aus der Möwe am Ende doch noch so ein großes gelbes Tier mit einer Mähne. Da haben wir natürlich keinen Bock drauf.
Sie spielen auf „König der Löwen“an. Musicals findet nicht jeder cool.
Dorau: Stimmt. Als ich erzählte, dass ich so was mache, hat sogar mein Friseur mit den Augen gerollt! Unser Stück soll aber Leuten gefallen, die nicht nur Musicals mögen. Sie selbst bezeichnen es als musikalische Dramödie. Warum? Dorau: Wir wollen uns weder mit den anderen Musicals messen, in Konkurrenz dazu stehen oder denen ans Bein pinkeln. Viele Leute, die aus dem Pop kommen und dann ein Musical machen, machen es dann genau so, wie es im Buche steht – das hat uns nicht interessiert. Trotzdem ist es am nächsten dran am Genre Musical, weil es eben keine Nummern-Revue ist.
Klug: Letztendlich ist es ein Musiktheater-Stück, das zufällig im musikaffinen Bereich spielt – nämlich in dem Plattenladen „Rillenreiter“. Aber bei uns singen die wenigsten auf der Bühne. Der Hauptdarsteller Hans (Andreas Schröders, Anm. d. Red.) singt im Stück nur ein Lied. Bei den jungen Schauspielern, die die Band im Stück verkörpern, haben wir darauf geachtet, dass sie ihre Musikinstrumente live spielen können.
Entstand die Idee aus einer Stammtischlaune heraus? Klug: Das war eine Badewannenlaune!
Dorau: Ich war allein in der Badewanne, als mir die Grundidee dafür kam. Ich war auch nicht komplett angezogen. Ich war mit Gereon eh am Nachmittag verabredet. Uns faszinierte die Idee, und nachdem die erste Seite geschrieben war, waren wir so begeistert, dass wir beschlossen, daran weiterzuarbeiten.
Worum geht es genau? Dorau: Es gibt zwei vertarnte Parallel-Handlungen: einmal das Drama des Plattenladenbesitzers Hans und sein Problem „zum Leben zu viel, zum Sterben zu wenig“. Plötzlich taucht „Hamburg Marketing“bei ihm auf und macht ihm einen Vorschlag. Er missversteht die Dinge, geht darauf ein, zieht in die HafenCity mit dem Laden, das angekündigte Staatsoberhaupt kommt nicht, und er ist seinen Laden los. Der König der Möwen hilft ihm auf dem Weg zur Erkenntnis, führt ihn in den Hamburger Keller und dort erlebt Hans die Wahrheit.
Klug: Die andere verzahnte Handlung ist die Band, die sich permanent häutet, in diversen Inkarnationen unterwegs ist und über dem Laden einen Probenraum hat.
Spielen Sie selbst auch mit? Klug: Ich spiele für zehn Minuten einen Sicherheitsbeamten. Im Heinz-StrunkFilm „Jürgen“hatte ich einen Kurzauftritt als uniformierter Schaffner – und der Film wurde schließlich mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet. Insofern werde ich mir die Paraderolle des Uniformierten in unserem eigenen Stück nicht nehmen lassen.
Dorau:Ich spiele die titelgebende Rolle, die gleichzeitig die mit dem kleinsten Dialog ist. Das Möwen-Kostüm ist übrigens unerträglich: unheimlich heiß, und ich kann schlecht darin sehen.
Klug: Da siehst du mal, wie die Möwen sich den ganzen Tag fühlen!
DAS INTERVIEW FÜHRTE KATJA SCHWEMMERS
➤ Kampnagel: 9.-12.8., jeweils 19 Uhr, Karten ab 22 Euro
Eine stolze Möwe wäre als Symbol für Hamburg auch viel besser als ein Wasserträger. Gereon Klug