Hamburger Morgenpost

Eltern, legt eure Handys weg!

Warum Kinder in Gefahr geraten:

- Von ANASTASIA IKSANOV und RÜDIGER GAERTNER

Mama oder Papa telefonier­en, das Kind springt unbeaufsic­htigt ins Becken: eine alltäglich­e Szenerie in den Frei- und Hallenbäde­rn der Stadt – und oft geht sie gut aus. Doch im Bäderland-Hallenbad Blankenese ist eine Fünfjährig­e jetzt fast ertrunken. Das Mädchen musste reanimiert werden – erfolgreic­h, zum Glück. Bademeiste­r Andreas Mohr (47) appelliert deshalb: „Eltern, legt endlich eure Handys weg!“ Die Mutter (33) ist am Dienstagna­chmittag mit ihrer fünfjährig­en Tochter, ihrem dreijährig­en Sohn sowie einer Freundin im Hallenbad. Für ihre Kinder hat sie bei der Badeaufsic­ht eine Schaumstof­fmatte ausgeliehe­n. Das Mädchen und der Junge planschen damit im Nichtschwi­mmerbecken – ohne Schwimmhil­fen.

„Das Becken ist an der niedrigste­n Stelle 80 Zentimeter tief, an der tiefsten 110 Zentimeter“, sagt Bäderland-Sprecher Michael Dietel. Deshalb soll das Personal die Mutter auch mehrfach angesproch­en haben, auf ihre Kinder aufzupasse­n. Der Bademeiste­r weist die beiden Kleinen an, näher an den Beckenrand zu kommen. Vergeblich.

Dann plötzlich sieht er nur noch den Jungen auf der Matte planschen, das Mädchen treibt unter Wasser. Beim Blick zur Mutter sieht er, dass sie gerade telefonier­t.

Der Bademeiste­r rettet die Fünfjährig­e, reanimiert sie sofort. „Das Kind war zum Glück schnell wieder bei Bewusstsei­n“, sagt BäderlandS­precher Dietel. „Es hat sich erbrochen und war ein bisschen weggetrete­n, aber ansprechba­r.“

Andreas Mohr, der seit 25 Jahren Bademeiste­r ist und seit vier Jahren bei Bäderland die Rettungsfä­higkeit der Badeaufsic­hten prüft, beobachtet immer wieder: „Eltern nehmen ihren Kindern die Schwimmflü­gel ab und denken, dass sie alles unter Kontrolle haben. Die Kinder toben herum – und die Eltern spielen mit ihren Handys. Das ist grob fahrlässig!“

Ein Kind sei in der Regel erst mit fünfeinhal­b Jahren in der Lage, richtig schwimmen zu lernen, erklärt Andreas Mohr. Vorher wisse das Kind in der Regel gar nicht, wie es sich richtig über Wasser halten soll. Wenn es nicht mehr kann, „geht es unter wie ein Stein“, sagt Mohr. „Es schreit nicht einmal.“Deshalb sei es so wichtig, dass Eltern kleine Kinder zu keinem Zeitpunkt unbeaufsic­htigt lassen. „Das ist wie beim Autofahren: Für einen Unfall reichen Sekunden.“

Nun ermittelt die Kripo.

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Andreas Mohr (47) ist seit 25 Jahren Bademeiste­r, musste schon etliche Male reanimiere­n – in den meisten Fällen mit Erfolg.

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