Judenhass im Internet nimmt drastisch zu
Absender aus allen Teilen der Gesellschaft
BERLIN - Eine alarmierende Studie, die dringenden Handlungsbedarf anmahnt: Die Zahl judenfeindlicher Äußerungen im Internet hat dramatisch zugenommen. Jeden Tag werden Tausende neue antisemitische Äußerungen gepostet – in Bild, Text und Video, heißt es in einer Langzeituntersuchung der Technischen Universität (TU) Berlin. In sozialen Medien, Blogs und OnlineKommentaren ist der Antisemitismus so stark wie noch nie. Von 2007 bis 2018 hat sich die Zahl judenfeindlicher Online-Kommentare nahezu verdreifacht. Linguistik-Professorin und Antisemitismus-Forscherin Monika Schwarz-Friesel: „Es gibt fast keinen Bereich im Netz, in dem Nutzer nicht Gefahr laufen, auf judenfeindliche Texte zu stoßen.“
Das Web 2.0 sei mittlerweile von Judenfeindlichkeit und Hass auf Israel durchdrungen, heißt es in der Studie. Schwarz-Friesel sprach von einem „besorgniserregenden Phänomen“. Die Absender der Kommentare seien gleichermaßen Rechte und Linke oder kämen aus der Mitte der Gesellschaft.
Für die Untersuchung „Antisemitismus 2.0 und die Netzkultur des Hasses“werteten die Wissenschaftler mehr als 300 000 Texte etwa aus Twitter und Facebook, Debattenforen und Meinungskanälen von Onlinemedien aus. Das Internet sei ein zentraler Ort für Meinungsbildung und Information – aber auch für die Verbreitung von Judenhass, lautet ein Fazit der Studie.
Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland: „Antisemitismus im Netz ist kein virtueller Antisemitismus, sondern eine echte Bedrohung.“