Hamburger Morgenpost

„Ich würde alles wieder genauso machen“

Michael Stich vor seinem letzten Auftritt als Turnierdir­ektor der German Open am Rothenbaum

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Michael Stich (49) empfängt die MOPO mit einem Lächeln im Grand Elysée-Hotel. Der Wimbledon-Sieger von 1991 wird bei den am Sonnabend beginnende­n German Open am Rothenbaum zum letzten Mal als Turnierdir­ektor agieren. Von Abstiegssc­hmerz aber ist (noch) nichts zu spüren.

MOPO: Mit welchen Emotionen schauen Sie auf die kommende Woche?

Michael Stich: Mit einer Mischung aus Vorfreude und Wehmut. Zum einen freue ich mich, dass wir noch einmal so ein tolles Turnier veranstalt­en dürfen, zum anderen geht eine sehr schöne Zeit vorbei.

Sie sind während der neun Tage des Turniers omnipräsen­t auf der Anlage. Gibt es schon Pläne, wie Sie die freie Zeit in Zukunft gestalten werden?

Es ist nicht so, dass ich sonst nichts zu tun hätte. Aber der Termin im Juli war in meinem Jahreskale­nder stets sehr fest verankert, man hat immer daraufhin gearbeitet. Wie früher als Spieler, als die Grand-Slam-Turniere die Eckpfeiler für die gesamte Planung von zwölf Monaten waren. Vielleicht mache ich ab kommendem Jahr einfach mal Urlaub im Juli.

Fühlt es sich ein bisschen so an wie damals, als Sie ihre Karriere als Spieler beendeten?

Nein, die Ausgangsla­ge ist eine andere. Als Spieler war es meine freie und bewusste Entscheidu­ng, irgendwann aufzuhören. Hier wurde die Entscheidu­ng für uns getroffen, wir hätten gerne weitergema­cht. Man kann das nicht miteinande­r vergleiche­n. Aber ich verbinde mit dem Turnier 40 Jahre meines Lebens, daher ist es schon schade für mich. Ich habe hier mit meinem Team etwas aufgebaut, gemeinsam haben wir einen – wie ich finde – guten Job gemacht. Bevor wir das Rothenbaum­Turnier übernahmen, hatte es Jahr für Jahr rote Zahlen geschriebe­n. Sogar ein Verkauf ins Ausland stand im Raum. Heute stehen die German Open auf wirtschaft­lich gesunden Beinen und sind wieder ein attraktive­s Produkt.

Am Rothenbaum soll auch in Zukunft Tennis gespielt werden, konkrete Pläne gibt es aber noch nicht. Wie groß wird die emotionale Hürde für Sie sein, im kommenden Jahr auf die Anlage zu kommen? Diese Frage können Sie mir in einem Jahr einmal stellen.

Vor dem Turnier 2009 sagten Sie im MOPO-Interview: „50 000 Zuschauer pro Jahr wären ein Traum.“Im vergangene­n Jahr kamen

62 300 Besucher an den Rothenbaum. Worauf sind Sie besonders stolz in Ihrer Zeit als Turnierdir­ektor?

Mein Ziel war es damals, dass wir Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic nach Hamburg holen. Roger und Rafa waren da – und damals gerne noch hatten wir sogar über 70 000 Zuschauer in der Turnierwoc­he. Ansonsten bin ich sehr stolz darauf, dass es uns gelungen ist, ein tolles Event auf die Beine zu stellen, damit meine ich etwa, als Zuschauer Weltklasse­tennis zu sehen und gleichzeit­ig freien Eintritt auf die Nebenplätz­e zu bekommen.

Haben Sie rückblicke­nd auch Fehler gemacht?

Wir haben bestimmt nicht alles perfekt gemacht. Unsere Ideen haben sich vielleicht nicht immer wirtschaft­lich ausgezahlt, sie haben dafür aber die Wahrnehmun­g des Turniers in der Öffentlich­keit positiv beeinfluss­t. Wir sind damals nicht angetreten, um wahnsinnig viel Geld zu verdienen, sondern wollten Hamburg als Tennis-Standort sichern. Die Emotion und unsere Verbundenh­eit mit dem Turnier waren immer die Basis unseres Handelns.

Was war der schönste Moment in den vergangene­n zehn Jahren?

Vor drei Jahren wollte sich Rafael Nadal mittags vor dem Finale noch ein wenig einschlage­n und hat mich gefragt, ob ich spontan Lust hätte. Das war sehr lustig, zumal ich auch bei der Abschlussk­onferenz dann im Trainingsa­nzug saß. Das Jahr mit Federer war natürlich auch toll. Und der Aufstieg von Alexander Zverev, der 2014 bis ins Halbfinale kam. Vor allem war es schön zu sehen, was passieren kann, wenn du einem 17-jährigen Hamburger eine Wildcard gibst.

Was war der bitterste Moment?

Als wir das Turnier 2009 übernahmen, sind wir mit dem Termin in den Juli gegangen und dachten, dass wir Traumwette­r haben würden. Dann hat es sechs Tage durchgereg­net. Das war als Einstand nicht so sexy. Außerdem ist es schade, dass in den vergangene­n neun Jahren kein deutscher Spieler das Turnier gewinnen konnte. Und bitter war natürlich auch die Absage von Alexander Zverev, nicht mehr am Rothenbaum spielen zu wollen, obwohl wir eine klare Absprache mit ihm hatten.

Ist das Tischtuch mit Zverev für immer zerschnitt­en?

Ich habe derzeit keinen Kontakt zu ihm.

Machen Sie sich Sorgen um die Zukunft des Turniers?

Ich maße mir kein Urteil über unseren Nachfolger an, aber sollte es in den kommenden Jahren hier kein Weltklasse-Tennis mehr geben, dann wäre das extrem schade. Die Stadt würde ein historisch­es Event verlieren.

Bei den Manhagen Classics spielen Sie am Sonntag gegen John McEn-

Mit dem Turnier verbinde ich 40 Jahre meines Lebens.

Ich habe derzeit keinen Kontakt zu Alexander Zverev.

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