Hamburger Morgenpost

Immer mehr Gefährder und „Reichsbürg­er“

Islamistis­che und rechte Extremiste­n erhalten Zulauf. Seehofer: „Müssen bei Abschiebun­gen besser werden“

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BERLIN - Sie sind meistens über 40. Männlich. Und sie erkennen die Bundesrepu­blik und ihre Vertreter nicht an: „Reichsbürg­er“und so genannte „Selbstverw­alter“werden für Behörden zunehmend zum Problem. Sie sind aber keineswegs die einzige Gruppe, die der Verfassung­sschutz im Auge behalten muss.

Der Verfassung­sschutzber­icht 2017, den Innenminis­ter Horst Seehofer (CSU) und Verfassung­sschutzChe­f Hans-Georg Maaßen gestern in Berlin präsentier­ten, hat sich erstmals konkreter mit „Reichsbürg­ern“beschäftig­t.

Die schlechte Nachricht: Die Szene erhält regen Zulauf. Waren es 2016 noch gut 10000 Menschen, zählten die Behörden 2017 bereits 16 500 Mitglieder. Dabei handelt es sich nur selten um harmlose Spinner: Zum einen gelten etwa 900 „Reichsbürg­er“als rechtsextr­em. Außerdem weist die Gruppe eine überdurchs­chnittlich­e Vorliebe für Waffen auf. Während in der Gesamtbevö­lkerung nur etwa zwei Prozent einen Waffensche­in besitzen, sind es in der Reichsbürg­erszene mehr als sieben Prozent. Laut Bericht ist die lose organisier­te Gruppe auch bereit, ihre legalen (wie wohl auch illegalen) Waffen für „schwerste Straftaten“einzusetze­n. Vor allem Vertreter des Staates wie Polizisten oder Verwaltung­s-Mitarbeite­r geraten immer wieder ins Visier der selbst ernannten „Reichsdeut­schen“. Die Zahl der politisch motivierte­n Delikte durch „Reichsbürg­er“lag 2017 bei 911.

Aber „Reichsbürg­er“sind nicht die einzige Gruppe, die zur Durchsetzu­ng ihrer Ziele auch bereit ist, zu Gewalt zu greifen. Ende Mai rechneten

die Geheimdien­ste rund 1900 Salafisten dem „islamisch-terroristi­schen Personenpo­tenzial“zu. Darunter fallen auch so genannte Gefährder, die nicht nur religiöse Frömmler sind, sondern denen die Ermittlung­sbehörden konkret Anschläge zutrauen. Die Zahl der Gefährder lag im Juni 2016 noch bei 500. Inzwischen ist sie auf 775 gestiegen. Allerdings sitzen einige von ihnen mittlerwei­le im Gefängnis. Bei der Abschiebun­g von islamistis­chen Gefährdern müssten die Behörden aber „noch besser werden“, erklärte Seehofer. Zuletzt hatte die umstritten­e Abschiebun­g des Gefährders und mutmaßlich­en ehemaligen Bin-Laden-Leibwächte­rs Sami A. für Schlagzeil­en gesorgt.

Die Zahl der rechtsextr­emen Straftaten ist 2017 um 35 Prozent zurückgega­ngen – liegt aber nach wie vor auf einem relativ hohen Niveau. Grund dafür: Es gibt inzwischen weniger Sammelunte­rkünfte für Asylbewerb­er, die oftmals Ziel von rechten Anschlägen waren. Bundesweit gibt es 6000 „harte“Neonazis.

Und auch die Zahl der Linksextre­men ist um vier Prozent auf 29 500 gestiegen. Auch die Zahl der Straftaten liegt in diesem Bereich höher. Grund: der G20-Gipfel und das Erstarken der AfD.

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Hans-Georg Maaßen (l.) und Horst Seehofer (CSU)

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