Hamburger Morgenpost

Bekenntnis mit Bedingunge­n

Stürmer will bleiben, wenn er spielt – und macht seinen Abschied so wahrschein­licher

- STEFAN KRAUSE s.krause@mopo.de

Er war bei der WM, hat e in der Folge Urlaub und danach erst noch keine große Lust auf Reden. Gester aber brach A iz Bou addouz aus eigenem A tr eb sein Schweigen und w rd dadurch beim FC St. Pauli vereinsint­er Folgedebat en ausgelöst haben.

Heute ist Stichtag. Wenn die Prognose zutrifft, bringt die Frau von Aziz Bouhaddouz in Hamburg das gemeinsame Töchterche­n zur Welt. Geht es nach dem Stürmer des FC St. Pauli, dann wird die Kleine zunächst an der Elbe aufwachsen – wenn denn die Rahmenbedi­ngungen passen. „Ich möchte gerne hier bleiben, ganz klar, nur natürlich nicht unter den Umständen“, sagte der 31-Jährige und schob erklärend hinterher, was er mit den „Umständen“meint.

Zum einen eine hohe Einsatzwah­rscheinlic­hkeit. „Ich bin in einem Alter, in dem ich spielen muss. Ich habe den Anspruch und die Qualität, ich war ja nicht umsonst bei der WM“, sagte Bouhaddouz, der am Saisonende 2017/18 nur noch Bankdrücke­r war. Umstand Nummer zwei formuliert­e er ein bisschen von hinten durch die Brust ins Auge. „Wir sind alles erwachsene Menschen, müssen offen und ehrlich miteinande­r umgehen, damit man eine Lösung finden kann“, gab er zu Protokoll und meinte damit vermeintli­che Missstände in der internen Kommunikat­ion.

Die sportliche Leitung dürfte sich hierbei genauso angesproch­en fühlen wie beim Unverständ­nis des Profis über die Einschätzu­ng seines Gesundheit­szustands. „Ich weiß nicht, woher es kommt, dass ich verletzt bin“, rätselte Bouhaddouz, der gestern den Laktattest nachholte, in den Tagen zuvor aber wegen Adduktoren­problemen (so die offizielle Lesart) aus dem Training genommen worden war. „Nach dem Spiel gegen Karlsruhe hatte ich ein bisschen Schmerzen, das ist korrekt“, sagte er. „Aber danach hatten wir drei Tage frei, ich hätte auch schon am letzten Sonntag ganz normal trainieren können.“Im letzten Test gegen Stoke City am Sonnabend könne er auf jeden Fall spielen, „aber das entscheide ich nicht“.

Ein weiteres Missverstä­ndnis sei aktuell, dass er weg wolle. „Ich stehe dazu, dass ich letztes Jahr gehen wollte“, gestand der marokkanis­che Nationalsp­ieler. Er habe in seiner Karriere nicht die größten Verträge unterschri­eben, und dann war da plötzlich dieses „sehr, sehr lukrative Angebot, wo ich auf Millionen verzichtet habe für den FC St. Pauli“. Der Verein umgekehrt natürlich auch, „er hat um mich gekämpft. ExTrainer Olaf Janßen sagte: ,Auf gar keinen Fall geben wir Aziz ab.’“Im Ganzen sei das „ein gutes Signal“gewesen, „auch für die Zukunft, dass ich mir sogar vorstellen konnte, hier ein Leben lang zu leben“.

15 Tore hatte er in der Spielzeit 2016/17 geschossen, im Jahr danach („Ich habe eine Kack-Saison gespielt“) traf er nur noch viermal. Aus Lob wurde Kritik, „meiner Meinung nach auch unter der Gürtellini­e. Vor zwei Jahren war ich sehr, sehr beliebt hier, letztes Jahr wurde nur gegen mich geschossen“.

Und jetzt? Wie geht er damit um, dass St. Pauli vor allem einen neuen Knipser sucht? „Wir haben vier Stürmer“, weiß Aziz Bouhaddouz. „Wenn der Verein noch einen holen will, sind es halt fünf.“Oder mit anderen Worten: einer zu viel. „Deswegen sage ich ja, dass man offen und ehrlich miteinande­r reden sollte.“

Das wird vereinssei­tig sicher alsbald passieren. Denn durch sein Bekenntnis mit Bedingunge­n hat Aziz Bouhaddouz seinen Abschied vom FC St. Pauli noch ein bisschen wahrschein­licher gemacht.

Vor zwei Jahren war ich sehr beliebt, letztes Jahr wurde nur gegen mich geschossen. Aziz Bouhaddouz

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