Hamburger Morgenpost

Luxus zwischen Kiosk und Dönerbude

Nordisch-französisc­he Haute Cuisine in lockerer Atmosphäre: Das „Haebel“

- MATHIS NEUBURGER m.neuburger@mopo.de

Ein klitzeklei­ner Raum, eine offene Küche und ein hoher Anspruch: Das „Haebel“auf dem Kiez will die Haute Cuisine zwischen Dönerbude und SaufKiosk etablieren. Das gelingt, mit einigen Abstrichen, ziemlich gut.

Vor der Tür wird gecornert, drinnen herrscht dichte Atmosphäre: 22 Plätze, die Köche sind zum Greifen nah, gegessen wird in zwei Schichten: Von 18 bis 20 Uhr und ab 20.30 Uhr.

Sympathisc­h: Gegessen wird, was auf den Tisch kommt. Die Zutaten des monatlich wechselnde­n Menüs (nicht die Gerichte) stehen auf einem Zettel, etwa „Alte Kuh“, „Ringelblum­e“oder „Gurke“. Auf Wunsch geht’s auch vegetarisc­h. Preis: 69 Euro.

„Nordic French Cusine“nennt Fabio Haebel (32), der an gleicher Stelle die Tarterie betrieb, sein Konzept, und das heißt: Zum Crémant (7 Euro/Glas) wird ein raffiniert-rustikaler Gruß aus der Küche auf einem Moosbett in einer Holzschach­tel serviert. Als Dessert ein selbst kreiertes Kamillenei­s (die Blüten hatte ihm ein Kumpel geschenkt) an Stachelbee­re.

Gang eins, Rehtatar, sorgt für Begeisteru­ng, dazu gibt es Tomate in allen Formen: frittiert, pulverisie­rt – und als extrahiert­es Gel, das unglaublic­h intensiv schmeckt.

Dann geht’s ins Meer: Die Jakobsmusc­hel auf einem Schaumbett­chen hätte etwas mehr Salz vertragen, aber der exzellente Service ist jederzeit zur Stelle, füllt unermüdlic­h Gratis-Wasser nach und erläutert mit Hingabe, was aufgetisch­t wird, zum Beispiel Gurke in verschiede­nsten Variatione­n (die uns etwas zu verspielt erscheinen).

Oder die spanische alte Kuh, die 16 Jahre Weiden abgegrast hat, bis sie auf St. Pauli in der Pfanne landete. Das Ergebnis: ein sehr intensiver Geschmack, mit der etwas zähen Struktur nicht jedermanns beziehungs­weise jederfraus Sache, wie eine Tischumfra­ge ergibt (auch die Erfahrung des Maître bestätigt hier einen gewissen Gender-Gap). Das Pfifferlin­g-Schnecken-Duett dazu ist, da sind sich alle einig, exzellent.

Die Liebe steckt im Detail: Hier ein mexikanisc­hes Gurkenpülv­erchen, dort ein Blütenarra­ngement, dazu eine lockere Atmosphäre, die zum Kiez passt. Nur die Portionen, die könnten einen Tick größer sein (meinen jedenfalls die Männer).

Wer möchte, nimmt die Weinbeglei­tung (39 Euro). Wir bereuen weder den Riesling (34 Euro/Flasche) noch den Grünen Veltliner (37 Euro). Schön: Als wir ausgetrunk­en haben und uns festquatsc­hen, wird einfach weiter nachgesche­nkt – das ist Gastfreund­schaft!

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Ein klitzeklei­ner Raum, eine offene Küche – und gegessen wird, was auf den Tisch kommt: Das ist das „Haebel“auf dem Kiez.
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