Hamburger Morgenpost

Alster wird zum Fisch-Friedhof

Wegen der extremen Hitze: Hamburgs Hechte, Karpfen und Schleien sterben zu Tausenden. Experte: „So schlimm war es noch nie“

- VON SIMONE PAULS

Es ist ein Naturparad­ies. Rund um die Fuhlsbüttl­er Schleuse sieht man jetzt Haubentauc­her, plüschige Blesshuhn-Küken sowie Schwanenfa­milien, die elegant über das Wasser gleiten. Doch vor der Schleuse ist es mit dem Idyll vorbei. Dort treiben Hunderte tote Fische in der Alster. Wegen der Hitze sterben sie jetzt in allen Hamburger Gewässern. „Unsere Familie lebt seit drei Generation­en hier. So schlimm wie in diesem Jahr war es noch nie“, sagt Wolfgang Töns (62), der Betreiber des Bootsverle­ihs „Zur Ratsmühle“. Er zeigt auf das flache Wasser am Ufer. „Normalerwe­ise gibt es um diese Zeit hier viele Jungfische. Keine mehr zu sehen“, sagt er.

Es ist der sinkende Sauerstoff­gehalt, der den Fischen zu schaffen macht. Besonders betroffen sind stehende Gewässer. An der Fuhlsbüttl­er Schleuse, der Wandsbeker Mühlenschl­euse sowie im Regenrückh­altebecken Erich-Kästner-Ring (Bramfeld) sind die meisten Tiere verendet. „Wir haben am Wochenende dort fast fünf Tonnen tote Fische geborgen – vom Hecht bis zur Schleie. Das ist schon enorm“, sagt Björn Marzahn, Sprecher der Umweltbehö­rde. Er geht davon aus, dass das Fischsterb­en noch lange nicht vorbei ist, denn das Wetter hält an.

Vier Milligramm Sauerstoff pro Liter, ab diesem Wert wird es für Fische kritisch. Ab einem Milligramm lebt kein Fisch mehr. Die Tarpenbek liegt derzeit sogar deutlich darunter. Dort wurden nur 0,1 Milligramm gemessen, in der Wandse 0,7 Milligramm. In der Elbe sieht es derzeit noch etwas besser aus. Bei bis zu 26 Grad

Wassertemp­eratur beträgt der Sauerstoff­gehalt bei Bunthaus derzeit 4,4 Milligramm. In der Alster (Lombardsbr­ücke) betrug der Sauerstoff­gehalt gestern 4,2 Milligramm.

Welche Fische besonders betroffen sind? „Alle. Es gibt keine Art, die jetzt mehr als eine andere leidet“, sagt Behördensp­recher Marzahn. Trotz der enormen Menge toten Fisches sei keine Art in ihrem Bestand gefährdet. Die Umweltbehö­rde bittet Angler und Badewillig­e, Wasserstel­len mit toten Fischen zu meiden. Wer große Mengen Kadaver entdeckt, kann sich an die Umweltbehö­rde wenden (Tel. 428 40 23 00). Den Gewässern künstlich Sauerstoff zuzuführen, ist laut Behörde übrigens nicht praktikabe­l. Helfen könnten den Fischen einzig langfristi­ge Maßnahmen wie die Renaturier­ung von Flüssen und Bächen sowie Fischtrepp­en.

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Die Fuhlsbüttl­er Schleuse gestern Nachmittag. Hunderte tote Fische wurden dort angeschwem­mt.
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Wolfgang Töns betreibt einen Bootsverle­ih am Alsterlauf.
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 ??  ?? MOPO-Reporterin Simone Pauls zeigt auf die toten Fische an der Schleuse. Heute sollen die Kadaver entsorgt werden.
MOPO-Reporterin Simone Pauls zeigt auf die toten Fische an der Schleuse. Heute sollen die Kadaver entsorgt werden.
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Die Kadaver treiben im Wasser zwischen Algen und Pflanzenre­sten. An der Schleuse riecht es unangenehm.

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