Hamburger Morgenpost

NS-Denkmal wird zum Sportplatz: Politiker empört

Hannoversc­her Bahnhof wird für Fitness-Übungen missbrauch­t

- MIKE SCHLINK mike.schlink@mopo.de

Der Lohsepark in der HafenCity ist ein Fitness-Paradies. Tag für Tag joggen hier Menschen entlang, halten sich mit Freiluft-Übungen fit. Auch an einem Platz, der dafür nicht gedacht ist – dem „denk.mal Hannoversc­her Bahnhof“! Tausende Juden, Sinti und Roma wurden von hier in Todeslager deportiert – doch heute machen einige Sportler Sprünge und Kniebeugen auf den Schienen.

Und das offenbar ganz bewusst. Ein ehemaliger Sprecher der CDU-Fraktion schildert, wie er einige FitnessEnt­husiasten auf den traurigen Hintergrun­d des Ortes hingewiese­n habe. Die Reaktion der Sportler: Man wisse, dass das ein NS-Denkmal sei – aber gegen Sport auf dem Gelände spreche doch nichts.

„Dieses Verhalten ist respektlos“, sagt jetzt Bürgerscha­fts-Vizepräsid­ent Dietrich Wersich (CDU). Das Bewusstsei­n der Menschen für die damaligen Taten müsse geschärft werden. „Dafür gibt es solche Denkmäler. Die dürfen deswegen nicht als Sportgerät­e zweckentfr­emdet werden.“

Dabei ist Hamburg kein Einzelfall. Seit Jahren tobt in Berlin eine Debatte um die Zweckentfr­emdung des Stelenfeld­es, das an die Ermordung zahlreiche­r Juden in Europa erinnert. Besucher klettern dort immer wieder auf den Steinblöck­en herum, machen Selfies mit grinsenden Gesichtern oder spielen zwischen den Quadern. Dass in Hamburg auf den Resten des Hannoversc­hen Bahnhofs Sport gemacht wird, sorgt auch in der HafenCity für Kritik. „Selbstvers­tändlich sollte von den Besuchern die Würde des Ortes gewahrt bleiben. Den historisch­en Bahnsteig für ein sportliche­s Workout zu nutzen ist sicherlich höchst unangemess­en“, sagt eine Sprecherin der HafenCity GmbH, die für den Lohsepark zuständig ist.

Laut Senat war bei der Planung zur Errichtung des Gedenkorte­s „Konsens, dass dieser kein abgeschlos­sener Bereich, sondern fester Bestandtei­l des Parks sein“sollte. Der Gedenkort solle bewusst als Teil der alltäglich­en Lebensreal­ität wahrgenomm­en werden können.

„Diese Konzeption wurde auch von den in den Planungspr­ozess einbezogen­en Opferverbä­nden ausdrückli­ch begrüßt“, sagt Kulturbehö­rden-Sprecher Enno Isermann. Die Würde des Gedenkorts müsse jedoch zweifelsoh­ne gewahrt bleiben.

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Dittmar Kopp: „Das Denkmal sollte mit Leben gefüllt werden.“
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