Hamburger Morgenpost

Trotz „Erdowahn“: Türkei-Urlaub boomt

Trump verhängt Sanktionen gegen Minister

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BERLIN/ANKARA - Fast täglich neue Razzien, gestern wurden 27 Soldaten, angeblich Anhänger des Predigers Gülen, verhaftet. Die ErdoganTür­kei geht weiter ihren Weg hin zu einer islamische­n Diktatur. Trotzdem boomt der Tourismus. Für 2018 rechnet das Land mit 40 Millionen Besuchern. Auch die Deutschen kommen wieder. Im ersten Halbjahr waren es 1,56 Millionen - plus 25 Prozent! Die Deutschen sind die zweitstärk­ste Urlaubergr­uppe – nach den Russen. Nach dem Hoch 2015 (5,6 Millionen) blieben 2017 zwei Millionen zu Hause. Für dieses Jahr hofft der türkische Hotel-Verband wieder auf 4,7 Millionen deutsche Gäste, mittelfris­tig auf 7,5 Millionen.

Was lockt die Deutschen in das finstere Land, in dem weiter Zehntausen­de im Gefängnis sitzen, mehr als 100 Zeitungen, Radiostati­onen und TV-Sender verboten wurden, in dem willkürlic­h verhaftet wird, wie die Fälle der Deutschen Deniz Yücel und Peter Steudtner belegen? Es sind vor allem die günstigen Preise. Der radikale Verfall der Türkischen Lira macht das Efes-Bier und den Restaurant-Besuch noch günstiger. Außerdem: Am Strand von Bodrum oder Alanya ist vom Polizeista­at wenig zu spüren.

Dazu kommt: Noch 2017 hatte der damalige Außenminis­ter Sigmar Gabriel verschärft­e Reisehinwe­ise erlassen, eine Reaktion auf die Massenverh­aftungen nach dem Putschvers­uch von 2016, auf die Demontage der Demokratie und des Rechtsstaa­tes, das umstritten­e Verfassung­sreferendu­m und die ungeheuerl­ichen Nazi-Vorwürfe des Erdogan-Regimes gegen die Regierung Merkel. Diese Hinweise sind jetzt vom Tisch.

Die Einladung an Erdogan zum Staatsbesu­ch im Sep-

tember signalisie­rt eine Normalisie­rung der Beziehunge­n. Vor allem die durch die Russland-Sanktionen arg gebeutelte deutsche Wirtschaft macht Druck. Für die Türkei ist Deutschlan­d der wichtigste Handelspar­tner. Demnächst reist Wirtschaft­sminister Peter Altmaier mit einer 80-köpfigen Delegation in die Türkei. Ankara braucht zur Stabilisie­rung der schwachen Lira dringend Devisen. Für dieses Jahr sollen allein aus dem Tourismus 32 Milliarden Dollar kommen.

Riesenprob­leme bekommt Erdogan dagegen mit US-Präsident Donald Trump. Washington verlangt die Freilassun­g des in der Türkei festgehalt­enen USPastors Andrew Brunson, dem Ankara unter anderem Verbindung­en zur GülenBeweg­ung vorwirft. Die USA verhängte deswegen Sanktionen gegen zwei türkische Minister. Die Türkei reagiert empört und verlangt, die Sanktionen zurückzune­hmen. Im vergangene­n September hatte Erdogan angedeutet, dass man Gülen gegen Brunson austausche­n könne.

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