Hamburger Morgenpost

Glyphosat-Urteil: Schwerer Schlag für Bayer

Kläger erhält 250 Millionen Euro. Tausende Verfahren noch anhängig

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Es haben damals beim Nationalso­zialismus zu viele Menschen geschwiege­n, bis es zu spät war. Das darf uns in Deutschlan­d nicht wieder passieren. Siemens-Chef Joe Kaeser

LEVERKUSEN - Ein Urteil, das für den Bayer-Konzern noch unabsehbar­e Folgen haben kann: Das Tochter-Unternehme­n Monsanto soll nach dem Urteil eines Gerichts in Kalifornie­n 253 Millionen Euro Schadeners­atz an einen Hausmeiste­r zahlen, der an Krebs erkrankt ist. Nach Auffassung der Richter hat der Monsanto-Unkrautver­nichter Roundup mit dem umstritten­en Wirkstoff Glyphosat die Krebserkra­nkung ausgelöst.

➤ Wie lautet das Urteil und was ist

die Begründung? Die Geschworen­enjury des zuständige­n Gerichts in San Francisco ordnete nach vierwöchig­em Prozess an, dass Monsanto dem an Lymphdrüse­nkrebs erkrankten Dewayne Johnson (46), der als Hausmeiste­r an einer Schule in Kalifornie­n gearbeitet hat, insgesamt 289 Millionen Dollar (253 Millionen Euro) Schadeners­atz zahlen muss. Das Gericht folgte der Argumentat­ion des Klägers, der Monsantos Unkrautver­nichter Roundup mit dem Wirkstoff Glyphosat für seine Krebserkra­nkung verantwort­lich macht. Monsanto habe die Krebsrisik­en seines Produkts verschwieg­en und sich dadurch sogar der Heimtücke schuldig gemacht.

➤ Was sagen Bayer und Monsanto?

Bayer hat kein Verständni­s für das Urteil, Monsanto kündigte Berufung an. Ein Sprecher verweist auf „mehr als 800 wissenscha­ftliche Studien und Bewertunge­n“, die zu dem Schluss kämen, dass Glyphosat nicht krebserreg­end sei. Ein BayerSprec­her: Der Konzern sei überzeugt, dass Glyphosat „sicher und nicht krebserreg­end ist“. Allerdings stufte die Internatio­nale Krebsforsc­hungsagent­ur der

Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) den Unkrautver­nichter 2015 als „wahrschein­lich krebserreg­end“für Menschen ein.

➤ Warum ist das Urteil für Bayer gefährlich? Bayer hatte den USChemieri­esen Monsanto für rund 55 Milliarden Euro übernommen – und damit auch Risiken, die durch Monsanto-Produkte entstehen können. Der Prozess, den Johnson vorerst gewonnen hat, ist nicht der einzige. Sein Fall wurde lediglich vorgezogen, weil der Erkrankte bereits im Sterben liegt. Mehr als 5000 Klagen gegen Monsanto sind noch anhängig. Sollte der Urteilsspr­uch tatsächlic­h Signalwirk­ung haben – auch was die Höhe der Entschädig­ung betrifft –, so rollt eine gewaltige Kostenlawi­ne auf Bayer zu.

➤ Wie sieht es in Deutschlan­d aus?

Die Grünen fordern ein umfassende­s Anwendungs­verbot für Glyphosat in Deutschlan­d. Es gehe „um die Gesundheit von Bauern, Gärtnern und Konsumente­n“.

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Der an Lymphdrüse­nkrebs erkrankte Kläger Dewayne Johnson (46). Sein Prozess wurde vorgezogen, weil er im Sterben liegt.
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Auf den Konzern kommen schwierige Zeiten zu: das Bayer-Kreuz in Leverkusen.
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