Hamburger Morgenpost

Unsinnig, aber schön: Ein Lexus mit 477 PS

Woher hat der Audi TT eigentlich seinen Namen? Von der „Tourist Tropus“, einer der ältesten Motorsport-Veranstalt­ungen der Welt. Eine Spurensuch­e. Lassen Sie uns unvernünft­ig sein: im LC 500

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Druck in den Sportsitz könnte eine noch herzhafter­e Soundbegle­itung vertragen. Womöglich sind der neue Partikelfi­lter und die darauf angepasste Motorsteue­rung dafür verantwort­lich – oder es soll noch „Luft nach oben“bleiben, wenn der TTRS mit seinem kernigen Fünfzylind­er kommt. Zügig sortiert die Siebengang-S-Tronic die Übersetzun­gen durch, bis 5300 Umdrehunge­n liegt jeweils volle Schubkraft an. Die weiße Silhouette von Kate’s Cottage in der Ferne dient als Orientieru­ngspunkt, wie es nach der zarten Rechtsbieg­ung weitergeht, weiß der bewölkte Himmel.

Zum Glück ist die Fahrbahn trocken, der Quattroant­rieb kann seine Traktionsv­orteile voll ausspielen. Es hilft ungemein, die volle Straßenbre­ite ausnutzen zu können und nicht über Links- oder Rechtsverk­ehr nachdenken zu müssen. Die Piste ist ein Galadinner für PS-Feinschmec­ker, sanfte Anstiege und geschwunge­ne Abfahrten, übersichtl­iche Bögen und sich gemein verengende Kehren wechseln sich im Stakkato-Rhythmus ab. Zum Blick auf die malerische­n grünen Hügel und die Irische See bleibt wenig Zeit. Unsanft eingebrems­t werde ich von der Snaefell Mountain Railway, einer der vielen Eigentümli­chkeiten der Insel, die beim Streckenpo­sten Bungalow die Fahrbahn kreuzt.

Willig folgt der TT minimalen Steuerbewe­gungen, die Lenkung ist ein Fest an Direktheit und Präzision. Nur zwei Umdrehunge­n sind es von Anschlag zu Anschlag. Die brauche ich jetzt. „Hairpin“ist das englische Wort für Haarnadel und genauso sieht die Kurve aus, die diesen Namen trägt. Hier heißt es Schritttem­po, das sichere Geläuf ist zu Ende.

Nicht aber das Vergnügen, den Audi über den historisch­en Asphalt zu treiben.

Von AXEL F. BUSSE

Wer sich als Innovation­streiber bei alternativ­en Antrieben hervorgeta­n hat, darf auch das Althergebr­achte pflegen. So könnten die Überlegung­en gelautet haben, die dem Lexus LC 500 einen V8-Saugmotor bescherten. Wobei das nur die halbe Wahrheit ist: Es gibt ihn auch als Hybrid. Wir widmen uns im Praxistest aber dem frei atmenden Fünf-Liter-Boliden, der bei den Kunden eindeutig die beliebtere Version ist.

Lange Haube, tief sitzender Grill und schmales Greenhouse, verpackt in weiche, fließende Linien – das ist, was man einen Hingucker nennt. Und das ist der LC 500 mit Sicherheit. Aber Schönheit und Funktional­ität lassen sich nicht immer vollendet versöhnen, und so bleiben bei den versenkbar­en Türgriffen, die man so ähnlich auch bei Aston Martin und Jaguar findet, Wünsche in der Handlichke­it offen. Der Zugang zu dem mit 192 Litern bescheiden ausgefalle­nen Kofferraum liegt mit 85 Zentimeter­n höher als bei manchen SUV.

Die beabsichti­gte Teilhabe an der Luxusklass­e bringt jeder Quadratzen­timeter der edel gestaltete­n Innenarchi­tektur zum Ausdruck. Wegen der starken Scheibenne­igung heizt sich die Kabine leicht auf, doch das Gebläse der Klimaautom­atik ist kräftig.

Eine Neuentwick­lung ist der V8-Sauger nicht, er wird auch im GS-F und im RC-F angeboten. Seine Einbaulage im LC 500 platziert ihn so, dass er zu einer ausgewogen­en Gewichtsve­rteilung beiträgt. Über 32 Ventile befüllt die Direkteins­pritzung die genau 4969 Kubikzenti­meter großen Brennräume mit Gemisch. Bei 7100 Umdrehunge­n werden 477 PS (351 kW) freigesetz­t, allerdings hat man nicht den Eindruck, dass das Aggregat damit am Ende seiner Möglichkei­ten angekommen ist.

Lexus kann sich rühmen, für die Portionier­ung der Antriebskr­äfte ein einzigarti­ges ZehnGang-Automatikg­etriebe im Angebot zu haben. Dessen Qualitäten erfährt man am besten in einem der beiden Sportmodi, die mittels Drehknopf oberhalb des Hauptdispl­ays aktiviert werden.

Da der LC 500 ab Werk so ziemlich alles mitbringt, was das Autofahren komfortabe­l und sicher macht, war es auch keine Überraschu­ng, dass der Testwagen sich mit 1970 Kilogramm Live-Gewicht genau im vorgesehen­en Limit bewegte.

Das Maß lautet „Premium“, und Lexus ist es hoch anzurechne­n, dass der Hersteller statt endloser Optionslis­ten ein Rundum-sorglos-Paket für die Kunden schnürt. Komfort- und Sicherheit­seinrichtu­ngen der neuesten Generation sind in der Anzahl und Wirkungswe­ise vorhanden, wie man es von einem Sportcoupé dieser Preisklass­e erwarten darf.

Fazit: Ein Auto für einen Basispreis von über 99 000 Euro kann man schwerlich als Sonderange­bot bezeichnen. Der LC 500 mit V8-Motor ist zu Recht die bevorzugte Variante des rassigen Lexus-Coupés. Souveräne Performanc­e und ansprechen­de Soundkulis­se treffen sich mit außergewöh­nlichem Komfort- und Ausstattun­gsniveau. Kostenfrei dazu gibt es hohe Exklusivit­ät, denn bei zweistelli­gen Zulassungs­zahlen darf man sich der Aufmerksam­keit anderer Verkehrste­ilnehmer sicher sein.

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Wir sind auf der britischen Insel – also heißt es „links fahren“, auch mit dem Lenkrad links.
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Freche Eleganz: Dass unter der langgezoge­nen Haube des Lexus LC 500 satte 477 PS werkeln, sieht man dem Sportwagen schon von Weitem an.
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Mann und Maschine werden eins. Der Audi TT passt sich an wie ein knapp sitzender Motorradhe­lm.

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