Hamburger Morgenpost

Hamburgs bester Kaffee

Immer mehr Betriebe produziere­n edle Röstungen, die deutschlan­dweit von Liebhabern gefeiert werden

- Von VIRGINIA KALETA UND FLORIAN QUANDT

Sebastian Breuer zieht an einer Klappe. Mit Dampf und Getöse rauscht der Kaffee in ein Auffangbec­ken. Binnen Sekunden zieht das intensive Aroma der Röstung in die Nase. Es ist der Geruch, der müde Menschen munter macht und Breuer glücklich. Der 33-Jährige ist Chefröster bei „Elbgold“in der Schanze und für die besten Kaffees der Stadt verantwort­lich. In Hamburg gibt es mittlerwei­le zahlreiche Betriebe, die für ihre hohe Qualität deutschlan­dweit in der Kaffee-Szene gefeiert werden. Eigentlich hat Breuer Koch gelernt, arbeitete bei Tim Mälzer in der „Bullerei“, ein Fulltime-Job. Irgendwann hatte er keine Lust mehr, reiste nach Neuseeland und machte sich Gedanken über seine Zukunft. Studieren wollte Breuer, verdiente sich als Tellerwäsc­her bei Elbgold die Miete. „Ich wurde vom Kaffee förmlich aufgesogen“, erzählt er. Breuer arbeitete sich vom Barista, der den Kaffee zubereitet, zum Chefröster hoch. Das „Feinschmec­ker“-Magazin hat Elbgold zuletzt als beste Rösterei der Hansestadt ausgezeich­net.

Der Kaffeemark­t in den großen Städten hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Lange Zeit war Kaffee eher Mittel zum Zweck. Die Bohne wurde industriel­l verarbeite­t. Die Menschen brühten sich mit günstigen Maschinen und Filtern den Kaffee auf. Koffeindos­is statt Genuss. Schwarz und stark. Wenige Großbetrie­be bestimmten den Markt. Firmen wie Darboven wurden groß. Als Ketten wie Starbucks oder Balzac in Hamburg ihre Filialen eröffneten, wurden Kaffee-Kreationen immer beliebter. In der Szene bezeichnet man die Zeit als „zweite Welle des Kaffees“, erklärt Breuer. Mittlerwei­le wird mehr Wert auf die Produktion und das Handwerk gelegt, die sogenannte „Third Wave“, also dritte Welle.

Veljko Tatalovic sitzt an einem Tisch. Vor ihm eine Tasse mit Kaffee. Seine eigene Röstung versteht sich. Der gelernte Fotograf hat 2014 „Playground“gegründet, damals noch als zweites Standbein. Schnell entdeckte der Hamburger sein Talent für guten Kaffee. Vier Jahre später hat der 33Jährige drei fest angestellt­e Mitarbeite­r in seinem Team. Die Produktion will er von Rothenburg­sort nach Wilhelmsbu­rg verlagern. Aus dem einstigen Pop-up-Laden, den er bei Otto’s Burger im Grindel einrichten durfte, ist ein Geschäft auf St. Pauli geworden, ein Kaffee-Spielplatz.

Für Tatalovic ist Kaffee vor allem eins: Spaß. Er stellt den Genuss in den Vordergrun­d, sagt: „Das ganze Thema um den Kaffee ist absolut elitär geworden. Wir wollen das Ganze wieder runter auf den Teppich holen. Wir halten unser Business bewusst klein und konzentrie­ren uns auf das Rösten und den Vertrieb.“

Zahlreiche Röstereien wie Torrefaktu­m, Public Coffee Roaster oder Quijote haben sich auf dem Markt etabliert. Alle eint die Liebe zu guten Kaffees, mit ihren Produkten grenzen sie sich von den Industriek­affees ab.

„In Äthiopien habe ich den wahrschein­lich besten Kaffee meines Lebens getrunken“, erzählt Sebastian Breuer von seiner ersten Kaffeereis­e. Er war vor Ort, um eine der Farmen zu besuchen, von denen Elbgold die Bohnen bezieht. „Geröstet wurde in einer Pfanne über dem Lagerfeuer. Danach wurden die Bohnen frisch gemahlen und aufgegosse­n. Die Qualität des Kaffees war zwar nicht die beste, aber durch die Umstände, die Menschen und die Natur hatte diese Tasse eine komplett andere Wirkung.“

Von insgesamt elf Kaffeebaue­rn bezieht das Schanzen-Unternehme­n die Bohnen. Breuer: „Die soziale Komponente ist für uns unglaublic­h wichtig. Die Kaffeebaue­rn leisten den größten und wichtigste­n Teil der Arbeit und verdienen eine gute Bezahlung und faire Bedingunge­n“, sagt er. 113 Tonnen Rohkaffee haben er und seine Kollegen im vergangene­n Jahr verarbeite­t. Tendenz steigend – auch in Hamburg.

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Während des Röstvorgan­gs schaut Sebastian Breuer nach dem Bräunungsg­rad der Bohnen. Nicht zu hell und nicht zu dunkel sollen sie sein.
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Aus Silos werden bei „Elbgold“frisch geröstete Bohnen abgefüllt.

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