Nach-Wehen unerwünscht!
Trotz statt Tränen: Warum St. Pauli den bitteren K.o. so schnell wie möglich abhaken will
Für den FC St. Pauli ist der DFBPokal-Wettbewerb mal wieder beendet, bevor er überhaupt richtig begonnen hat. In die Enttäuschung des Zweitliga-Spitzenreiters nach dem Erstrunden-Aus bei Drittligist SV Wehen Wiesbaden mischt sich auch die demonstrative Zuversicht, durch die erste Niederlage der Saison keinen Knacks zu bekommen. Nach-Wehen unerwünscht!
Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin! Dieser Pokal-Schlachtruf ist beim Kiezklub immer noch aktuell. Allerdings nur in der Liga. Am kommenden Sonntag tritt St. Pauli bei Union an. Tagesgeschäft.
„Jetzt können wir uns auf die Liga konzentrieren“, versuchte Philipp Ziereis dem bitteren 2:3 nach Verlängerung in Wiesbaden Positives abzugewinnen. Und überhaupt bemühten sich Spieler und Verantwortliche, den frühen K.o. im Pokalwettbewerb, dem in den Tagen zuvor noch alle hochmotiviert und ambitioniert entgegengefiebert hatten, umgehend als Mut machenden Leistungsnachweis umzudeuten. „Wir haben alles rausgehauen. Ich bin stolz auf meine Mannschaft“, befand Marvin Knoll.
Das zweite Erstrunden-Aus in Serie und die nun schon 13. Saison in Folge, in der die Hamburger nicht über die zweite PokalRunde hinauskommen – das alles soll gar kein großes Thema sein.
„Wir haben nie aufgegeben und bis zum Schluss gefightet. Wir gehen erhobenen Hauptes aus diesem Spiel raus“, bilanzierte der alles andere als angefressen wirkende Trainer Markus Kauczinski nach der „Schlacht“über 120 Minuten, „auch wenn es ein bisschen wehtut“. Ein bisschen?
So manchen Spieler schmerzte die Niederlage deutlich mehr. „Das kotzt mich schon an. Das ist richtig ärgerlich“, nahm Kapitän Johannes Flum kein Blatt vor den Mund. „Wir wollten unbedingt eine Runde weiterkommen, und das ist uns nicht gelungen. Letztes Jahr nicht und dieses Jahr wieder nicht. Natürlich ist das ein Rückschlag.“Knoll wiederum meinte: „Das war kein Rückschritt.“
Was Kampf und Leidenschaft angeht, ist den Kiezkickern kein Vorwurf zu machen. Spielerisch war eindeutig Luft nach oben und mit einer konsequenten Chancenverwertung wäre ein Sieg in der regulären Spielzeit drin gewesen. Die unverdiente Führung der anfangs harmlosen Wehener durch Reddemann (35.) hatte Richard Neudecker ausgeglichen (51.). In der turbulenten Verlängerung gelang St. Pauli nach dem Doppelschlag der Gäste durch Schäffler (103./Foulelfmeter) und Schmidt (105.+1) nur noch der Anschlusstreffer durch Christopher Avevor (110.).
„Das tut extrem weh“, gab Neudecker zu. „Was die Chancenverwertung angeht, müssen wir uns an die eigene Nase packen. Manchmal hat man die Scheiße am Fuß.“Aber das Aus im Pokal sei „scheißegal für die Liga“. Das ist die erklärte Devise, die braun-weiße Parole.
Es ist überdeutlich und nachvollziehbar, was Kauczinski mit seiner betont positiven Sichtweise der Dinge, die er dem Team nach dem Schlusspfiff im Kreis eingeimpft hatte, erreichen will: eine mentale Delle verhindern. St. Pauli ist gewarnt. Im Vorjahr waren die Kiezkicker nach einem guten Saisonstart durch das Pokal-Aus in Paderborn in eine Abwärtsspirale geraten.
„Natürlich ärgern wir uns, dass wir ausgeschieden sind“, bekennt Sportchef Uwe Stöver, betont aber: „Ich glaube nicht, dass das einen Knacks geben wird.“Coach Kauczinski ist sogar sicher: „Das gibt keinen Knacks.“Das gilt es zu beweisen.