Hamburger Morgenpost

Das Kind mit dem halben Herzen

Kleiner Faustus (9 Monate) kam mit sieben Herzfehler­n zur Welt

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RADEBEUL/MÜNCHEN – Dass der kleine Faustus lebt, ist ein Wunder: Mit sieben Herzfehler­n kam der Junge zur Welt und schien dem Tod geweiht. Doch der heute knapp neun Monate alte Knirps und seine Eltern aus Radebeul haben es geschafft – mit Hilfe wagemutige­r Mediziner in München.

Seine Ärmchen und Beinchen wirbeln fröhlich durch die Luft, vergnügt quietscht der kleine Faustus, als seine Mutter Fanny B. (29) ihren neun Monate alten Sohn auf den Arm nimmt.

Dass Faustus lebt, ist eine Sensation: Er kam am 27. Oktober 2017 mit nur einem halben Herzen zur Welt. „Ein Schock“, erinnert sich Fanny an die Diagnose in der Schwangers­chaft. „Ein komplexes Problem, das noch nie jemand gesehen hatte, eine Kombinatio­n aus sieben Herzfehler­n.“Die Ärzte waren ratlos, gaben ihrem Wunschkind keine Chance.

Als Faustus auf die Welt kommt, atmet er selbststän­dig – zur Überraschu­ng aller. „Es war alles in Ordnung so weit“, erinnert sich seine Mutter.

Aber schnell stellt sich heraus, dass Faustus keine Milz hat, der Magen an anderer Stelle liegt, sein Herz nur einen großen Vorhof und eine funktionie­rende Kammer hat und mit der Lunge „falsch verkabelt“ist, zählt Fanny B. auf. „Sein halbes Herz schlug zwar, aber der kleine Körper bekam viel zu wenig Sauerstoff.“Eine Operation wäre das Todesurtei­l für das Baby gewesen, das nicht an eine Herz-Lungen-Maschine angeschlos­sen werden konnte. Münchner Kinderkard­iologen wagten einen weltweit einmaligen Eingriff. Mit zwei dünnen Herzkathet­ern und winzigen Drahtröhrc­hen schufen sie die fehlende Verbindung vom halben Herzen zu den wichtigen Blutgefäße­n. „Es war wohl überlegt mit einem nicht ganz kleinen Risiko“, sagt Peter Ewert zur Operation. Es habe zwar auch einen Punkt gegeben, „wo wir dachten, wir schaffen es nicht“. Für das Team war es daher ein Glücksmome­nt, als ihr Mut am Karfreitag belohnt wurde – und dann bei einem weiteren Eingriff im Juni.

Dem aufgeweckt­en Jungen sind die Strapazen der Vergangenh­eit nicht anzumerken. „Es geht ihm gut“, sagt die Mutter. Die Eltern schicken regelmäßig per App die Daten der Sauerstoff­sättigung des Bluts an die Münchner Ärzte. Nach Einschätzu­ng von Herzspezia­list Ewert hat Faustus die Chance, einigermaß­en normal aufzuwachs­en, zu spielen, zu toben und zur Schule zu gehen. „Wir glauben, dass er eine lebenswert­e Zukunft vor sich hat.“

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Fanny B. (29) drückt ihr Söhnchen Faustus an sich. Zunächst hatten Ärzte dem Jungen keinerlei Überlebens­chance eingeräumt.
 ??  ?? Gesundheit­s-Check: Kinderkard­iologe Peter Ewert vom Deutschen Herzzentru­m München untersucht das Herz des kleinen Faustus mit Ultraschal­l.
Gesundheit­s-Check: Kinderkard­iologe Peter Ewert vom Deutschen Herzzentru­m München untersucht das Herz des kleinen Faustus mit Ultraschal­l.

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