Stadt vertreibt Obdachlose
Warum der Bezirk den Campern auf dem Fischmarkt mit Zwangsräumung droht
Fünf Zelte standen seit dem Frühjahr auf dem Fischmarkt. Das störte offenbar niemanden. Jetzt sind es 18 – und das stößt dem Bezirk Altona sauer auf. Am Donnerstag suchten drei Mitarbeiter die Obdachlosen auf – und setzten den Campern eine Frist auf, sich bis heute zu entfernen.
Wolfgang (63), Thomas (48) und Helmut (59) sind quasi die Ur-Bewohner des Fischmarktes. Die Männer stellten hier Anfang April ihre Zelte auf – als sie das Lager eines Afrikaners entdeckten und sich anschlossen. Der sei aber seit geraumer Zeit verschwunden, sagen sie. Sie blieben aber da.
Die Lage am Fischmarkt ist für die Wohnungslosen sehr praktisch. An der Großen Hafenstraße befindet sich eine öffentliche Toilette samt Wasserhahn. „Das war ideal“, sagt Helmut. „Normalerweise muss man sich Wasser selbst zum Spülen kaufen.“Thomas hat außerdem seit zwei Monaten einen festen Platz in der Rindermarkthalle, wo er das Obdachlosenmagazin „Hinz & Kunzt“verkauft. „Ich hatte eine ideale Anbindung.“
Die Männer sprechen bewusst in der Vergangenheit. Als die MOPO die Obdachlosen am Sonntag besucht, sind sie schon dabei, ihre Sachen zusammenzusammeln. Die Mitarbeiter des Bezirksamtes Altona hatten es ihnen deutlich gemacht: „Wenn wir bis Dienstag um 10 Uhr nicht weg sind, wird der Platz mit Polizeigewalt geräumt“, erzählen die Männer. Sie verstoßen offiziell gegen das Hamburgische Wegegesetz.
„Als wir noch ein paar Zelte waren, waren wir noch eine Attraktion“, sagt Wolfgang. Doch mit der Zeit wurden sie mehr und mehr. Vor zwei Wochen sei hier eine stark drogenabhängige Szene eingekehrt. Inzwischen stehen 18 Zelte auf dem Gelände. Laut eines Bezirksamtssprechers habe es Beschwerden über die hygienischen Zustände gegeben.
„Wir verstehen, dass das ein Problem ist“, sagen die
Als wir nur ein paar Zelte waren, waren wir noch eine Attraktion. Wolfgang (63), Obdachloser
Männer. „Aber wo sollen wir Menschen hin?“Man habe die Camper an die Unterkunft „Pik As“verwiesen.
Für Wolfgang, Thomas und Helmut ist das aber keine Option. „Es wird dort viel geklaut und die Zustände sind katastrophal“, sagen sie. Außerdem sei hier der Drogenschwerpunkt. Das Trio konsumiert weder Rauschmittel noch Alkohol. „Es gibt doch genug brachliegende Gelände in Hamburg. Warum kann uns die Stadt nicht eine Fläche zur Verfügung stellen?“sagt Helmut. „Es gibt so viele Hilfsorganisationen, die uns mit Essen, Kleidung und Zelten unterstützen. Die Stadt interessiert sich für uns nicht.“
Wolfgang und Helmut ziehen jetzt in den Süden Hamburgs. „Wir hatten uns sofort auf die Fahrräder gesetzt, diverse Örtlichkeiten abgefahren und dort ein Plätzchen gefunden“, sagen sie. Traurig: Thomas kann nicht mit dorthin ziehen. „Der tägliche Weg in die Rindermarkthalle ist einfach zu weit und teuer zugleich“, sagt er. „Schließlich gibt es Tage, an denen ich lediglich ein Magazin verkaufe.“