Der Guru und seine Jünger
PREMIERE Aus dem Knast auf die Bühne: Ein Film über Deutschlands größten Motivationstrainer
Nelson Mandela, Arnold Schwarzenegger, Steve Jobs, Muhammad Ali und Jesus – es sind die ganz großen Jungs, die sich Jürgen Höller als Vorbild gesucht hat. Und wenn es nach ihm geht, wird sein Name schon bald in einem Atemzug mit ihnen genannt werden. Höller, 54 Jahre alt, will an die Spitze. Heute ist er der erfolgreichste Motivationstrainer Deutschlands, bald soll ihm die ganze Welt zuhören. Jetzt hat im Abaton eine Doku über ihn Premiere.
„Ich lebe in Freude, Leichtigkeit, Heiterkeit!“Jürgen Höller steht am offenen Fenster, blickt in den Himmel und ruft sein Mantra in die Bergwelt. Frisur und Anzug sitzen, im gebräunten Gesicht blitzt ein zufriedenes Lächeln. Gleich wird er auf einem seiner zahlreichen Seminare sprechen. Oder wie seine Kritiker sagen: predigen.
Die Kamera ist ganz nah dran an, begleitet Höller bis auf die Bühne, sieht zu, wenn er sich mit dem Snap-Song „The Power“aufputscht. Anderthalb Jahre lang haben die Hamburger Julian Amershi (37) und Martin Rieck (38) den Motivations-Guru begleitet. Ihre Doku hat heute Premiere und läuft Anfang September im Ersten. Höhepunkt des Films ist zugleich auch der Höhepunkt von Höllers bisheriger Karriere: 10 000 Menschen jubeln ihm in der Münchner Olympiahalle zu, 700 Euro hat jeder von ihnen gezahlt, um dabei zu sein. Wer Blut leckt, kann nach der Show weitere Seminare buchen – für bis zu 4000 Euro.
„Wir wollten die Realität nicht verbiegen und haben alles ganz bewusst so ausgewogen wie möglich dargestellt“, sagt Julian Amershi. Der Zuschauer soll sich ein eigenes Bild machen. „Es gibt in unserem Film keinen Kommentar aus dem Off und keinen Experten, der das Ganze einordnet.“Auch der Faszination der Seminar-Teilnehmer wird Raum gegeben, wenn sie laut „Ich schaffe das!“rufen. „Da entsteht eine ganz bestimmte Energie. Sie pushen sich gegenseitig. Die Frage ist nur, was mit ihnen passiert, wenn sie wieder zu Hause auf dem Sofa sitzen“, sagt Rieck.
„Der Motivationstrainer“will kein Höller-Bashing und kein Werbefilm sein, er zieht weder den Prediger noch dessen Jünger ins Lächerliche – beides wäre möglich. Der Film blickt objektiv auf die Geschichte eines Menschen, der aus einem großen ein riesiges Unternehmen machen möchte, der keine Bedenken hat, aus der Persönlichkeitsberatung ein Geschäft zu machen („Macht ein Psychiater doch auch!“, sagt er), der 2003 wegen Untreue und vorsätzlichem Bankrott für drei Jahre in den Knast wanderte und jetzt zurück ist. Ein Film über einen Getriebenen, der von sich selbst sagt: „Ich ziehe Geld an wie ein Magnet.“
➤ Abaton: Heute, 20 Uhr, 8,50 Euro
➤ Das Erste: 4.9., 23 Uhr