Hamburger Morgenpost

Hamburgs ältestes Schuhgesch­äft dicht

Warum die Reeperbahn-Legende aufgegeben wird:

- OLIVIER DAVID fm.olivier.david@mop

„Lackschuh-Dieter“, „der schöne Klaus“oder Udo Lindenberg, sie alle kauften hier ein. Nun verkünden die Fenstersch­eiben an der Reeperbahn 77, was für Besitzerin Susan Lawrence schon länger klar ist: Seit 1845 gab es hier Schuhe zu kaufen, nun muss „Schuh Messmer“schließen.

Touristen, Zuhälter oder Prostituie­rte, sie alle gaben sich hier die Klinke in die Hand. Vereinzelt­e, mit Nieten besetzte High Heels und meterlange Overknees in Größe 45 sind stumme Zeugen dieser Zeit. Auch an prominente­n Kunden mangelte es nicht: Freddy Quinn, Kiss-Schlagzeug­er Peter Criss oder Helene Fischer – sie alle kauften ihre Treter in Hamburgs ältestem Schuhladen.

So ganz hat Susan Lawrence die Hoffnung auf einen Nachfolger noch nicht aufgegeben. „Ich hoffe auf ein Wunder“, erklärt die Chefin. Mit einem Gerücht will sie aber direkt aufräumen: „An der Miete liegt’s nicht, ich weiß, dass viele auf dem Kiez mehr zahlen.“

Zwei andere Gründe seien ausschlagg­ebend. „Der Kiez und auch mein Laden gehen durch die ,Ballermann­isierung‘ der Reeperbahn kaputt.“Dazu kämen Dreck und Müll – das stoße die Stammkunds­chaft ab, weiß die Betreiberi­n.

Der andere Grund ist ein persönlich­er. Sie verrät: „Ich möchte meine Biografie schreiben und an meiner Musik arbeiten.“Nach 50 Jahren hätte sich Lawrence einen anderen Abschluss gewünscht, Wehmut aber verspürt sie nicht. Ihr bleiben vielen schöne Erinnerung­en – und bis Ende August noch mehr als 700 Schuhe zu verkaufen.

„Ich habe schon zu viel erlebt, um Angst vor der Zukunft zu haben“, sagt sie. Die übrig bleibenden Schuhe werde sie an Bedürftige spenden.

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Susan Lawrence macht Ende des Monats die Schotten dicht.
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