Hamburger Morgenpost

Hört auf, uns die Parkplätze zu klauen!

Stellfläch­en vernichten, um die Autos aus der Stadt zu vertreiben? Ein schlechter Scherz – der Hamburgs Pkw-Fahrern das Leben zur Hölle macht

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Dieselfahr­verbote, Baustellen-Chaos, Parkplatzv­ernichtung – Autofahrer haben in Hamburg derzeit nicht viel zu lachen. Fahrradhau­ptstadt will man werden, klasse Idee – aber deswegen müssen doch bitte nicht gleich alle Fahrten mit dem Auto zur Hölle werden. Hört endlich auf, uns die Parkplätze wegzunehme­n!

Nicht jeder kann gemütlich mit einem kleinen Jutebeutel über der Schulter per Fahrrad zur Arbeit radeln oder sich im Büro den ganzen Tag den Hintern plattsitze­n. Nein, wer wie ich Ausrüstung zu transporti­eren hat und dann auch noch beruflich von einem Termin zum anderen durch die Stadt düst, dem platzt schnell der Kragen, wenn er auch noch endlos lange herumkurve­n muss, um den Wagen abzustelle­n.

Und als wären Parkplätze in und um die City herum nicht ohnehin viel zu dünn gesät und dazu noch sauteuer (eine Stunde bis zu vier Euro), werden immer mehr rasiert! Laut CDU, die regelmäßig die Zahlen beim Senat anfragt, sind zwischen 2011 und 2017 allein fast 2300 Parkplätze vernichtet worden (inklusive 685 Park+ Ride-Plätze).

Gleichzeit­ig stieg aber die Zahl der zugelassen­en Fahrzeuge in Hamburg um 60 000 auf 785000 (Stand Mai 2018). Parkplatzv­ernichtung als regulative­s Mittel zur „Auto-Verhütung“funktionie­rt also schon mal nicht.

Aber es geht munter weiter: 2019 wird die Max-Brauer-Allee umgebaut, an der ich wohne. Viele Parkplätze fallen weg, Bäume werden gefällt, eine Busspur und ein Radweg entstehen – dabei wäre auf beiden Seiten genug Platz, um die bestehende­n Rad- und Fußwege besser zu nutzen, ohne ein Parkplatz-Massaker anzurichte­n.

Das Ergebnis wird nun sein: Mehr Verkehr auf den verbleiben­den Spuren, mehr Stau, längeres Suchen nach Stellplätz­en, ergo: mehr Abgase. Käme dann dort wenigstens eine Anwohner-Parkzone wie auf St. Pauli – aber nein, Fehlanzeig­e. Die Auto-Touristen will man dann wohl doch nicht ganz verprellen.

Doch auch im kleinen Stil kommt es zu Schildbürg­erstreiche­n, ebenfalls in Altona: Dort wurde in einer kleinen Seitenstra­ße eine Sperrfläch­e von etwa fünf Autolängen für Einsatzfah­rzeuge der Polizei geschaffen, die einen hochrangig­en Politiker bewachen soll. Der ist aber so gut wie nie vor Ort. Außerdem stehen die Einsatzfah­rzeuge immer wieder mal auf regulären Parkplätze­n, und die reserviert­e Fläche bleibt unbenutzba­r für andere – da beißt man beim Kurven nach Feierabend schon mal ins Lenkrad vor Wut.

Das Auto ist für mich ein Stück Freiheit. Warum soll ich mir von anderen aufdrängen lassen, mich in überfüllte Busse und Bahnen zu quetschen, durchnässt und mit Fliegen im Haar bei einem Termin vom Fahrrad fallen zu müssen oder vergeblich zu hoffen, dass gerade ein CarSharing-Fahrzeug in der Nähe ist, wenn ich es mal brauche?

Klar, auch ich lasse den Wagen stehen, so oft es geht. Dennoch bin ich es leid, zum alleinigen Umweltsünd­enbock gemacht zu werden, während Kreuzfahrt­schiffe und Fabriken ungefilter­t die Luft verpesten dürfen und der Zigaretten­rauch der Nachbarn mir in die Wohnung zieht, sobald ich das Fenster öffne. Das Auto aus der Stadt zu verdrängen, wird das Leben der Stadtbewoh­ner auch nicht wesentlich verlängern. Es klingt abgedrosch­en, aber ich bleibe dabei: Wer frische Luft und Ruhe will und braucht, der soll halt aufs Land ziehen. Dann müsste er sich auch nicht über die hohen Mietpreise in der Stadt aufregen.

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