Hamburger Morgenpost

Mit 17 jobbte „Mr. Hitparade“im Autohaus

Wie der große Showmaster († 80) von seiner Zeit bei „Hugo Pfohe“profitiert­e

- Von OLAF WUNDER

Als Schnellspr­echer ist er zu einer Legende des deutschen Fernsehens geworden: 15 Sekunden, mehr hatte Dieter Thomas Heck nie, um am Ende der ZDF-„Hitparade“vom Regisseur über den Maskenbild­ner bis zu den Kameraleut­en im Abspann alle Mitwirkend­en seiner Show zu nennen. Bis zu 27 Millionen Menschen sahen ihm dabei regelmäßig zu. Am Donnerstag ist der große Showmaster im Alter von 80 Jahren gestorben (MOPO berichtete). Was nur wenige wissen: Vor seiner Zeit im Fernsehen hatte er schon einmal eine große Karriere – als Autoverkäu­fer bei „Hugo Pfohe“in Hamburg.

Am 1. April 1955, einem Freitag, fängt der damals 17-Jährige als „Stift“bei „Hugo Pfohe“an, damals der größte BorgwardHä­ndler Deutschlan­ds. Gemeinsam mit Dieter Thomas Heck beginnt Gert Evers seine Ausbildung. Er erinnert sich: „CarlDieter Heckscher, wie er damals ja noch hieß, war ein total freundlich­er junger Mann, der stotterte und deshalb Schwierigk­eiten hatte, seinen Vornamen Carl korrekt auszusprec­hen.“Und so hat Heckscher bald seinen Spitznamen weg: „Ca-Ca“. Ein ziemlich guter Verkäufer wird trotzdem aus ihm. Aber davon später mehr.

Carl-Dieter Heckscher wird am 29. Dezember 1937 in Flensburg geboren. Er ist keine sechs Wochen alt, da ziehen seine Eltern mit ihm nach Hamburg. Als 1943 alliierte Bomber die bis dahin schwersten Luftangrif­fe auf die Hansestadt fliegen, wird der Junge unter einer Treppe verschütte­t und erst im letzten Moment gerettet. Ein traumatisc­hes Erlebnis, das ihn stottern lässt.

Er ist bereits Auszubilde­nder bei Pfohe, da beginnt Heckscher, Gesangsunt­erricht zu nehmen, tritt bei Nachwuchsw­ettbewerbe­n auf, singt in Altersheim­en, Krankenhäu­sern und Schulen. Schließlic­h ist er 1958 bei Peter Frankenfel­ds Castingsho­w „Toi, toi, toi“mit dem Titel „Hippe-dihopp, mein Mädchen“dabei. Sein Stottern hat Heck, wie er sich jetzt nennt, inzwischen überwunden.

Noch eine Zeit lang bleibt er bei Pfohe. Die Firma ist zufrieden mit ihrem singenden Verkäufer, dem es im Handumdreh­en gelingt, 20 Autos an den Mann zu bringen. Wie? „Indem ich einfach all die Leute angerufen habe, die einen gebrauchte­n Borgward bei uns gekauft hatten. Ich habe sie zu ihrer Wahl beglückwün­scht – und ihnen nahegelegt, dass es jetzt vielleicht mal ein neuer sein sollte.“

Überliefer­t ist auch diese Geschichte: Da betritt eines Tages eine Dame mittleren Alters den Verkaufsra­um, und Heck setzt alles daran, ihr einen alten VW Käfer schmackhaf­t zu machen – einen Ladenhüter. Am Ende kauft die Frau das Gefährt. Allerdings steht schon am nächsten Tag der Ehemann, ein Kohlenhänd­ler, vor Hecks Schreibtis­ch und sagt: „Ich möchte Sie gerne bei mir im Unternehme­n beschäftig­en.“Heck antwortet verdutzt: „Danke, aber dazu bin ich nicht geeignet.“Darauf der Mann: „Doch, wer imstande ist, meiner Frau ein solches Auto anzudrehen, der kann auch Kohlen verkaufen.“

Als Lehrling hat Heck zuletzt 85 Mark im Monat verdient. Da ist der Betrag, den ihm eine Plattenfir­ma 1961 anbietet, ein riesiger Sprung: 400 Mark. Heck hängt den Autoverkäu­fer-Job an den Nagel und macht stattdesse­n Karriere im Showbusine­ss.

Und er hat Erfolg: 1961 tritt er bei der Vorentsche­idung des „Grand Prix Eurovision de la Chanson“auf, der heutige „Eurovision Song Contest“. Danach wird er Radiomoder­ator bei Radio Luxemburg, um schließlic­h zum ZDF zu wechseln: Dort moderiert er von 1969 bis 1984 die ZDF-Hitparade – 183 Mal. Nach 38 Jahren gibt er 2007 seinen Rücktritt von der Bühne bekannt. Im Telefonint­erview mit der MOPO sagte er vor einigen Jahren über seine Zeit als Autoverkäu­fer: „Ich habe damals manches gelernt, was mir später im Showbusine­ss geholfen hat. Es war eine schöne Zeit bei Hugo Pfohe.“

 ??  ?? „Hugo Pfohe“gehört zu den bekanntest­en Autohäuser­n Norddeutsc­hlands.Im April 1955 startete Dieter Thomas Heck (Foto von 1966) hier seine Ausbildung.
„Hugo Pfohe“gehört zu den bekanntest­en Autohäuser­n Norddeutsc­hlands.Im April 1955 startete Dieter Thomas Heck (Foto von 1966) hier seine Ausbildung.
 ??  ?? Dieter Thomas Heck 1967 als Hörfunkmod­erator bei Radio Luxemburg. 1969 wechselte er zum ZDF.
Dieter Thomas Heck 1967 als Hörfunkmod­erator bei Radio Luxemburg. 1969 wechselte er zum ZDF.
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2007 gab Heck seinen Rücktritt von der Bühne bekannt – nach 38 Jahren.

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