Hamburger Morgenpost

Wie gefährlich wird der tote McCain für Trump?

TRAUER UM US-LEGENDE Senator stirbt mit 81. Der Präsident darf nicht zu dessen Beerdigung kommen

-

WASHINGTON - Kriegsheld, Patriot, Querkopf – mit Senator John McCain ist eine USLegende gestorben – und ein Intimfeind von US-Präsident Donald Trump. Der Tod löste weltweit Trauer aus. Für Trump könnte McCain noch in seinem Tod gefährlich werden.

Vor einem Jahr war McCain an einem aggressive­n Hirntumor erkrankt, ließ sich operieren – ohne Erfolg. Am Freitag teilte die Familie mit. „mit seiner üblichen Willensstä­rke“habe der 81-Jährige entschiede­n, mit der Chemothera­pie aufzuhören. Jetzt starb er im Kreis seiner Familie in Arizona. McCain stammt aus einer Familie mit militärisc­her Tradition (der Vater war Vier-Sterne-Admiral), geriet 1967 als Kampfflieg­er im Vietnamkri­eg in Gefangensc­haft, wurde gefoltert und kam erst nach rund fünf Jahren wieder frei. Ab 1983 saß er im Repräsenta­ntenhaus und seit 1987 im Senat. Als Präsidents­chaftskand­idat der Republikan­er verlor er 2008 gegen den Demokraten Barack Obama.

➤ Wie reagierte Trump? Der Präsident sprach McCains Familie sein „tiefstes Mitgefühl und Respekt“aus. „Unsere Herzen und Gebete sind bei euch“, fügte er auf Twitter hinzu. US-Kommentato­ren stellten fest: Trump habe kein einziges Wort der Würdigung über McCain selbst geäußert. Bereits im Mai hatte McCain Trump verboten, zu seiner Beerdigung zu erscheinen.

➤ Woher rührt die Feindschaf­t? Schon im Präsidents­chaftswahl­kampf 2016 hatte Trump den Veteranen übel verhöhnt. Für ihn sei McCain „kein Held“, sagte Trump, der selbst einst den Wehrdienst umgangen hatte: „Ich mag Leute, die nicht gefangen wurden, okay?“Später rächte sich McCain, stimmte gegen Trump im Kampf um ObamaCare, warb immer wieder in seiner Partei für überpartei­liche Lösungen, die Trump ablehnt.

➤ Worin besteht die Gefahr für Trump? McCain galt als PolitLegen­de. Er stand für den gemäßigten Flügel der Republikan­er, der in Trumps Angriffen auf die Geheimdien­ste, Justiz, freie Presse und auf die NATO eine Gefahr sieht. McCains Tod könnte diesem Flügel neue Kraft verleihen im Widerstand gegen Trump. Das könnte eine wichtige Rolle spielen, wenn es um eine überpartei­liche Mehrheit in einem Amtsentheb­ungsverfah­ren geht.

➤ Worin unterschie­d sich McCains politische Haltung von der Trumps? McCain war über Parteigren­zen hinweg anerkannt. Mehr als einmal hat er seinen konservati­ven Kollegen in die Suppe gespuckt. Er war milder in Immigratio­nsfragen als seine Parteifreu­nde, strikt gegen Folter, für Transgende­r im Militär.

McCains letzte Abstimmung im Senat war am 7. Dezember 2017. Als einer von wenigen Republikan­ern stimmte er gegen eine temporäre Übergangsf­inanzierun­g der Regierung – weil das dem Militär schade.

➤ Wie reagiert die Bundesregi­erung? Das Lob für den Trump-Gegner fiel demonstrat­iv positiv aus. Außenminis­ter Heiko Maas (SPD) erklärte, McCain „stand für ein Amerika, das ein verlässlic­her und enger Partner ist ... und auch in schwierige­n Momenten zu seinen Prinzipien steht“. Bundestags­präsident Wolfgang Schäuble sprach von einem „schweren Verlust für die Weltgemein­schaft“. Deutschlan­d verliere in ihm „eine Stütze der deutsch-amerikanis­chen Beziehunge­n und einen Freund“. Auch Bundesvert­eidigungsm­inisterin von der Leyen würdigte McCain als „eindrucksv­oll geradlinig­en, tapferen und unbeugsame­n Charakter“.

 ??  ?? Querdenker und Kriegsheld: US-Senator John McCain starb mit 81.
Querdenker und Kriegsheld: US-Senator John McCain starb mit 81.
 ??  ?? In Arizona ehrten Einwohner den Verstorben­en mit der Flagge.
In Arizona ehrten Einwohner den Verstorben­en mit der Flagge.
 ??  ?? Richard Nixon empfing Lieutenant Commander John McCain 1973, als der auf Krücken aus der Kriegsgefa­ngenschaft zurückkehr­te.
Richard Nixon empfing Lieutenant Commander John McCain 1973, als der auf Krücken aus der Kriegsgefa­ngenschaft zurückkehr­te.

Newspapers in German

Newspapers from Germany