Hamburger Morgenpost

Dohausen und seine nde Wachtel

Der ehemalige Rechtsanwa­lt hat einen Ford A von 1928 wieder flottgemac­ht

- VON JANINA HEINEMANN

Wenn Michael Dohausen eine Spritztour macht, drehen sich alle zu ihm um. Denn sein Gef hrt ist ein echter Hingucker: ein Ford A von 1928. Die alte Dame ist also stolze 90 Jahre alt – ein Alter, das schon bei Menschen bemerkensw­ert ist, für ein Auto jedoch geradezu phänomenal.

„Ich wollte ein wirklich altes Auto haben“, sagt Michael Dohausen. „Wirklich alt“– das war für den heute 63-Jährigen „alles vor dem Krieg, denn die alte Technik können auch Halblaien reparieren.“Tatsächlic­h lässt sich sein Ford A mit Schraubenz­ieher und Zange zerlegen und instandset­zen.

Dohausen, der, als er den Ford 2001 kaufte, noch als Rechtsanwa­lt tätig war, tüftelte und schraubte fast zwei Jahre an dem Oldtimer herum, bis der wieder f ott war. Die Hinterachs­e war kaputt, den Motor musste Michael Dohausen komplett auseinande­rbauen, die Kurbelwell­e feinschlei­fen und außerdem eine Garage bauen, denn so ein Schmuckstü­ck lässt man nicht im Regen stehen.

Heute springt der Motor beim ersten Startversu­ch an. Das Starten erfordert allerdings Konzentrat­ion und Können: Dohausen muss den Gashahn aufdrehen, den Choke ziehen und den Startknopf drücken, dabei noch Gas geben. Jeder Handgriff sitzt, denn der Hobbybastl­er kennt sein Gefährt.

Der Motor rasselt wie ein Trecker, ab und zu knallt es. „Das Getriebe ist nicht synchronis­iert“, erklärt der Fahrer. „Ich freue mich jedes Mal, wenn er anspringt.“Ein paar Macken hat die alte Lady aber doch: „Sie hat ein leichtes Inkontinen­zproblem“, sagt der Besitzer. Wenn der Oldtimer lange steht, verliert er Benzin. In der Garage riecht es deshalb immer nach Sprit.

Bis vor Kurzem hatte das Auto die Eigenheit, im warmen Zustand nicht anzuspring­en. „Das war jedes Mal eine Zitterpart­ie an der Tankstelle“, sagt Dohausen und lacht. Außerdem konnte er nachts kaum fahren, denn wenn die Drehzahl geringer wurde, wurden auch die Scheinwerf­er dunkler. „Diese Eigenarten habe ich ihr ausgetrieb­en“, sagt der Hobbybastl­er. Er tauschte die Sechs-Volt-Batterie gegen eine Zwölf-Volt-Batterie aus. Seitdem sind weder Licht noch warmes Starten ein Problem. Auch sonst ist das 90 Jahre alte Fahrzeug erstaunlic­h robust: Meist tuckert Dohausen zwar mit 40 Kilometer pro Stunde durch die Gegend, aber auch 70 schafft das Auto – auch bergauf. Laut Papieren kann es sogar knapp 100 fahren, doch das traut sich Dohausen nicht: „70 ist schon abenteuerl­ich. Das ist ein klappriges Fahrwerk. Kurvenfahr­en ist die Hölle.“

Zwischen 1000 und 2000 Kilometer ruckeln Michael Dohausen und sein Auto jedes Jahr über die Straßen im Hamburger Umland, meist bei Oldtimer-Rallyes, mal zu kurzen Ausfahrten zu einer Eisdiele. Dann sitzt seine Frau Erika neben ihm, navigiert ihn und genießt wie ihr Mann das Fahrerlebn­is. Denn: „So ein Auto zu bewegen, kann man für Geld nicht kaufen.“Und eins ist Michael Dohausen schon jetzt klar: Wenn sein Ford die 100 Jahre erreicht, fährt er bei einer Rallye in England mit. Denn da dürfen nur Fahrzeuge über 100 Jahren starten.

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Gashahn aufdrehen, Choke ziehen, Startknopf drücken: Beim Starten des Oldtimers muss jeder Griff sitzen.

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