Hamburger Morgenpost

Diesen Typen schickt de rHi mmel

Endlich hat der HSV einen Stürmer, der seinen Job macht: Tore!

- MATTHIAS LINNENBRÜG­GER UND FLORIAN REBIEN redaktion-sport@mopo.de

Die Kollegen waren nach ihrer Ehrenrunde schon im Inneren des Stadions verschwund­en, da genoss Pierre-Michel Lasogga noch seinen ganz persönlich­en Volkspark-Moment. Mit freiem Oberkörper, das Trikot seines Bielefelde­r Kumpels Sven Schipplock wie eine Trophäe um den Hals gebunden, stand der Stürmer vor der Nordkurve und ließ sich feiern.

„Pierre-Michel Lasogga, oh, oh, oh, oh, oh“, sangen tausende Fans und der Matchwinne­r dankte es ihnen mit einer tiefen Verbeugung. Während der Doppel-Torschütze beim Heimerfolg über Arminia (3:0) die Ovationen entgegenna­hm, wurde in der Mixed-Zone schon über ihn gesprochen. Kollegen und Verantwort­liche waren hellauf begeistert.

Den Anfang machte Keeper Julian Pollersbec­k, der sogar mit einem Hauch von Wehmut auf die Vorsaison, die Abstiegssa­ison zurückblic­kte. „Er hat uns im vergangene­n Jahr sicherlich auch gefehlt mit seiner Qualität vorne drin“, stellte der Mann hinten drin fest, Lasogga habe einmal mehr seinen Job erledigt: „Einer muss die Tore ja schießen. Dafür ist er da, das hat er gemacht.“

Lasogga war im Sommer 2017 weggeschic­kt worden, der damalige Trainer Markus Gisdol und der damalige Sportchef Jens Todt hatten keine Verwendung für ihn. Der Mittelstür­mer wurde nach England zum Zweitligis­ten Leeds United verliehen (31 Spiele, zehn Treffer, vier Vorlagen), erlebte aus der Ferne mit, wie sein Klub abstieg. „Ich habe mich riesig gefreut, nach Hamburg zurückzuke­hren“, sagte er vor dem Bielefeld-Spiel. Warum? „Weil ich diesen Verein liebe.“

Gisdol und Todt sind Geschichte, Christian Titz und Ralf Becker tragen beim HSV nun die Verantwort­ung. Beide sind froh, Lasogga zu haben. Allen voran der Coach, der den Angreifer als entscheide­nden Spieler auszeichne­te. „Pierre hat den Unterschie­d ausgemacht, das muss man am Ende so sagen. Er stand dort, wo ein Stürmer wie er hingehört – in der Box. Das ist es, was wir uns von ihm wünschen.“

Was hinterher keiner sagte und auch niemanden so recht interessie­rte: Lasogga war nahezu unsichtbar geblieben bis zur 76. Minuten, als er sich den Ball mit links vorlegte und mit rechts knallhart abschloss. Zwölf Minuten später holte er einen Elfmeter heraus, verwandelt­e selbst – und schon waren der eine oder andere technische Patzer vergessen. Der Rest war Schaulaufe­n.

Hamburgs Topverdien­er (3,4 Millionen Euro Jahresgeha­lt) zahlt zurück. Vor einer Woche schoss er den HSV mit seinem Doppelschl­ag beim TuS Erndtebrüc­k (5:3) in die zweite Pokalrunde, nun brachte „Lasso“das Team auch in der Meistersch­aft in die Spur, genauer gesagt auf Rang drei. Wie er spielt, so redet er auch: schnörkell­os. „Gefühlt war das erste Tor meine erste Szene. Aber ich bin einer, der geduldig auf seine Chance wartet, der positiv bleibt und denkt: Irgendwann kommt ein Ball, den ich reinmachen kann.“Hat geklappt …

brigens: Die Entscheidu­ng, Lasogga von Beginn an aufzustell­en, reifte bei Trainer Titz erst gegen Ende der Woche. In der Vorbereitu­ng auf das Duell mit Bielefeld hatte er einiges ausprobier­t, erst Fiete Arp, dann Aaron Hunt in der Spitze getestet. Beide gelten im Vergleich zu Lasogga als bessere Fußballer, was dieser auch richtig einzuschät­zen weiß: „Klar“, sagte er, „ich bin keiner, der sich an fünf Gegenspiel­ern vorbeidrib­belt und den du bei Kontern schnell in die Tiefe schicken kannst. Ich brauche Körperkont­akt, bin im Strafraum zu Hause. Das ist mein Bereich, da bin ich gefährlich, da haue ich mich rein.“

Für den HSV. Und für die treuen Anhänger, zu denen er trotz der einjährige­n Trennung eine ganz besondere Bindung verspürt. „Ich hatte immer ein positives Verhältnis zu den Fans und es tut mir natürlich gut, wenn sie mich feiern“, betonte Lasogga, nachdem er im Anschluss an die Feierlichk­eiten als letzter Hamburger in den Katakomben angekommen war. Dafür wollte er sich bedanken, diese Botschaft war ihm wichtig: „Sie standen auch in schweren Zeiten hinter mir. Deshalb ist es schön, dass ich sie nun glücklich machen kann.“

 ??  ??
 ??  ?? Lasoggas Gedanken vor dem Elfmeter? „Ach, komm, den nehme ich auch noch mit.“
Lasoggas Gedanken vor dem Elfmeter? „Ach, komm, den nehme ich auch noch mit.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany