Hamburger Morgenpost

Der Lärm hat ihn gerichtet

Nach 25 Jahren Aus für den „Hamburger Jedermann“: Partys, Barkassen und Verkehr wurden immer mehr

- Von IVAN DE VINCENZI UND LUKAS M. HEGER

Für das berühmte Freiluftsp­ektakel „Der Hamburger Jedermann“in der historisch­en Speicherst­adt ist nach 25 Jahren Schluss. Die Produktion wird eingestell­t, aber nicht etwa aus mangelndem Erfolg: Die Speicherst­adt und die HafenCity sind in den letzten Jahren immer lauter geworden – zu laut für die spektakulä­re Theaterkul­isse am Brooksflee­t.

Am Ende war es einfach zu viel Geräuschku­lisse rund um die Schauspiel­stätte. Rasende Motorräder und Autos, zahlreiche Barkassen mit lauten Passagiere­n und vermietete Event-Locations in unmittelba­rer Nähe, in denen Partys gefeiert wurden. All das zusammen machte es unmöglich, das Open-AirTheater weiter durchzufüh­ren.

Schauspiel­er Erik Schäffler war in den 25 Jahren an jeder Produktion beteiligt. Auch wenn der Lärm in den letzten Jahren merklich zunahm, sagt er: „Ein Schauspiel­er spielt unter allen Umständen.“Doch was sich rund um die Aufführung­en abspielte, kann auch er nicht begreifen: „Viele Leute auf den Barkassen haben gar nicht beachtet, dass hier Theater gespielt wird, waren laut.“Der Regisseur und „Teufel“-Darsteller Schäffler blieb standhaft. Zum Lärm gesellte sich nebenbei auch noch ein anderes Problem: Die Mietverträ­ge für Räumlichke­iten, die das Theater etwa als Garderoben und Büro genutzt hat, sind gekündigt worden. Dass nach der diesjährig­en Spielzeit keine weitere folgen wird, so Schäffler, hat man im Ensemble wohl geahnt. Dass es nun aber wirklich so ist, trifft den 57-jährigen trotzdem: „Ich hätte mir gewünscht, dass die Stadt etwas unternimmt und sich was ändert.“

Mit dem „Hamburger Jedermann“verliert die Hansestadt nun ein Vierteljah­rhundert lokale Theaterges­chichte und ein von vielen Menschen gefeiertes Bühnen-Projekt. Ob es an anderer Stelle weitergeht, weiß Schäffler nicht. Er sieht momentan keine Alternativ­e für den bisherigen Standort. Am Ende bleiben die Enttäuschu­ng über das verlorene Kulturgut und ein Regisseur und Schauspiel­er, der sich fragt: „Wieso gibt es kein Verbot für Lärm?“

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In diesem Jahr gab’s den „Tod“zum letzten Mal in der Speicherst­adt zu sehen.
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Erik Schäffler war jedes Jahr am „Hamburger Jedermann“beteiligt.

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