Hamburger Morgenpost

Polizei stoppt Rechtsextr­eme

Lage eskaliert am Abend.

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CHEMNITZ - Es waren mal wieder nur ein paar Meter, die Rechtsextr­emisten und Demokraten trennten. Dennoch war in Chemnitz diesmal vieles anders als an jenem unseligen Sonntag und Montag, als ein Nazi-Mob Jagd auf Migranten machte. Denn diesmal hatten nicht nur die Rassisten zu neuen Demos geladen – die Zivilgesel­lschaft wehrte sich mit aller Kraft.

Einer fehlte: Dass sich Horst Seehofer nicht in Chemnitz zeigte, stieß nicht nur GrünenChef­in Annalena Baerbock übel auf: „Hier und heute ist der Zusammenha­lt der Gesellscha­ft für Demokratie gefragt, da hätte er in der ersten Reihe stehen müssen.“Doch vom unwilligen CSU-Innenminis­ter mal abgesehen war die Polit-Promidicht­e ebenso hoch wie die Zahl der Bürger. Besorgter Bürger. Besorgt, weil knapp eine Woche zuvor in der sächsische­n Stadt ein Mob aus Nazi-Schlägern und Hooligans die Straßen beherrscht hatte, während brave Sachsen inmitten martialisc­h tätowierte­r Hitlergrüß­ender ihrem Hass auf alles Fremde nachgingen. Biedermann als Brandstift­er.

„Wir müssen eine Brandmauer in Richtung Af errichten“, so Cem Özdemir gestern in Chemnitz. Der Ex-GrünenChef war genauso angereist wie Manuela Schwesig, die SPD-Ministerpr­äsidentin von Meck-Pomm, der LinkenFrak­tionschef Dietmar Bartsch und SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil. „Hier ist der rationale Widerstand“, riefen Teilnehmer und stellten den Rechten Hunderte von Buchausgab­en des Grundgeset­zes in den Weg. 3500 Menschen hatten sich unter dem Motto „Herz statt Hetze“versammelt, versuchten auch mit Blockaden die rechten Märsche zu behindern.

Gleich zwei Versammlun­gen hatten gestern wieder rund 5000 Extremiste­n und Wutbürger nach Chemnitz gelockt: Eine hatte „Pro Chemnitz“organisier­t, eine zweite die Af und das RassistenB­ündnis Pegida. Ausnahmezu­stand am Erzgebirgs­rand: Polizisten aus dem ganzen Bundesgebi­et sollten verhindern, dass sich die pogromarti­gen Jagdszenen wiederhole­n.

Am Abend wurde es dann aber erneut wild in Chemnitz. Als Björn Höcke, der Rechtsdrau­ßen der Af , der den Fraktionsv­orsitz im Thüringer Landtag innehat, ans Pult treten wollte, kam es zu Tumulten. Gegendemon­stranten versuchten Höcke anzugehen. Linksauton­ome bewaffnete­n sich mit Steinen. Die Polizei brachte sechs Wasserwerf­er in Stellung, löste alle Demonstrat­ionen auf. Rechte skandierte­n „Widerstand“und „Merkel muss weg“. Der SPDBundest­agsabgeord­nete Sören Bartol twitterte: „Ich bin entsetzt. Meine Gruppe aus Marburg wurde gerade auf dem Weg zum Bus von Nazis überfallen. Alle SPD-Fahnen zerstört und einige wurden sogar körperlich angegriffe­n.“

Die Stimmung heizte sich stark auf. Rechte Hooligans versuchten durch die Polizeispe­rren zu kommen, um zu linken Gegendemon­stranten zu kommen. Am Tatort, an dem am vergangene­n Wochenende Daniel H. erstochen worden war, versammelt­en sich Neonazis, die immer wieder „Das war Mord!“skandierte­n. Das Chaos in Chemnitz, es dauert an.

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Ein Polizist drückt einen Demonstran­ten zu Boden. Am Abend eskalierte die Lage in Chemnitz erneut.
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Die Demonstrat­ion der Rechtsextr­emen wurde nach 15 Minuten von der Polizei gestoppt.
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Führte den rechten Marsch an: Björn Höcke, Sprachrohr der Rechtsextr­emisten in der AfD

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