St. Paulis Stehaufmännchen
Nach seinem dritten Kreuzbandriss steht er in Rekordzeit vor dem Comeback. „Ich dachte, es ist vorbei“
STEFAN KRAUSE UND BUTTJE ROSENFELD Ryo Miyaichi (25) ist seit drei Jahren Kiezkicker. Als er sich Ende April das dritte Mal während seiner Zeit am Millerntor das Kreuzband im Knie riss, dachten nicht wenige an ein Karriere-Aus. Doch nur rund vier Monate nach seiner erneuten Verletzung rückt ein Comeback in der Zweiten Liga immer näher. Der Japaner ist St. Paulis Stehaufmännchen.
„Wenn ich ehrlich bin“, sagt Miyaichi mit dem herzerfrischenden Lachen, „dann dachte ich selbst, dass es für mich vorbei ist mit dem Fußballspielen.“ Doch dann erfuhr Miyaichi davon, dass Bochums Abwehrstratege Patrick Fabian (30) nach vier Kreuzbandrissen immer noch beim VfL spielt.
Der St. Pauli-Angreifer: „Das hat mir Mut gemacht, und ich habe mir gesagt, dass ich es auch schaffen kann. Zudem hatte ich das Gefühl, dass sich mein Knie beim letzten Mal nicht so schlimm angefühlt hat wie bei den beiden Malen vorher.“
Dass er seit Wochen wieder in der Profi-Truppe der Braun-Weißen mittrainiert, in Testspielen dabei ist und sogar schon zwei Partien über 90 Minuten in der U23 absolviert hat, gleicht einem Wunder. Weil bei derartigen Diagnosen der Wiedereinstieg nicht selten ein Jahr dauert. Außerdem hat Miyaichi auf Anraten seiner japanischen Ärzte unüblicherweise auf eine Operation verzichtet.
„Es geht mir richtig gut, ich bin glücklich – denn ich kann wieder Fußball spielen – und das absolut ohne Schmerzen“, versichert Miyaichi. Der Japaner, der dem Kiezklub dankbar ist, dass der seinen Vertrag zu Beginn seiner Krise und trotz unsicherer Zukunft verlängert hat („Das fand ich großartig“), verriet der MOPO sein Geheimnis: Er ist so oft wie noch nie während seiner Laufbahn im Kraftraum, um durch eine gestärkte Muskulatur rund um seine beiden Knie für Stabilität zu sorgen.
Konkrete Ziele habe er nicht, um sich nicht unnötig unter Druck zu setzen. Aber natürlich will „Rakete Ryo“Fans und Mitspielern dauerhaft zeigen, dass er so gut sein kann wie bei seiner Gala beim 5:2 im Saisonfinale 2016 gegen Kaiserslautern, als er zwei Tore schoss und eines vorbereitete. Und natürlich würde er sich freuen, wenn er beim Derby gegen seine beiden Landsleute vom HSV, Gotoku Sakai und Tatsuya Ito, dabei wäre: „Wir sind befreundet, gehen regelmäßig zusammen essen.“Sollte er tatsächlich zum Einsatz kommen, würde er direkt auf Kumpel Sakai treffen. „Dann“, sagt Ryo Miyaichi im Spaß und mal wieder herzerfrischend lachend, „müsste ich ihn killen“.