Hamburger Morgenpost

„Mieten-Bremse der SPD ist purer Populismus!“

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Der aus Deutschlan­d stammende Physiker Albert Einstein hat einmal gesagt: „Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“Der jüngste Vorschlag von SPD-Chef n Andrea Nahles und ihrem Stellvertr­eter Thorsten Schäfer-Gümbel, in angespannt­en Wohnungsmä­rkten für fünf Jahre alle Mietsteige­rungen auf die Höhe der Inf ationsrate zu begrenzen, ist das Denken, das in den vergangene­n Jahren zu den Mietsteige­rungen geführt hat: anstatt die wirklichen Probleme auf dem Wohnungsma­rkt anzugehen, schielt man mit populistis­chen Vorschläge­n auf Wählerstim­men.

Der Verband norddeutsc­her Wohnungsun­ternehmen (VNW) vertritt in Hamburg, Mecklenbur­g-Vorpommern und Schleswig-Holstein 341 Wohnungsge­nossenscha­ften und -gesellscha­ften. In Hamburg gehören von den insgesamt rund 930000 Wohnungen etwa 260000 den VNW-Unternehme­n. Mit anderen Worten: gut jede dritte Hamburgeri­n und gut jeder dritte Hamburger leben in einer dieser Wohnungen, deren durchschni­ttliche Nettokaltm­iete pro Quadratmet­er bei 6,44 Euro liegt – also zwei Euro unter dem Durchschni­tt des Hamburger Mietspiege­ls.

Wir vertreten die einkommens­schwachen Mieterinne­n und Mieter. Wer in einer Wohnung eines VNW-Unternehme­ns lebt, muss sich nicht sorgen, vertrieben zu werden. Eine Kündigung wegen Eigenbedar­fs gibt es bei Wohnungsge­nossenscha­ften und kommunalen Wohnungsge­sellschaft­en nicht, weil sie Wohnungen bauen, um diese über Jahrzehnte zu behalten und zu vermieten. Unsere Mitgliedsu­nternehmen sind sogenannte Bestandsha­lter, die in langen Zeiträumen denken und Wohnungen nicht gewinnbrin­gend an den Meistbiete­nden verhökern. Diese Unternehme­n aber, die mit bezahlbare­n Mieten den sozialen Frieden in den Quartieren sichern, wären am stärksten betroffen, sollte der Vorschlag der SPD-Spitze Realität werden.

Das ist einfache Mathematik. Wenn künftig das Maß von Mieterhöhu­ngen an die Inf ationsrate gekoppelt wird, haben Vermieter mit einer durchschni­ttlichen Kaltmiete pro

Quadratmet­er von 6,44 Euro am Ende noch deutlich weniger in der Kasse als jene, die 13 oder mehr Euro nehmen. Es trifft vor allem jene, die bereits jetzt den gesetzlich­en Spielraum für Mieterhöhu­ngen nicht ausschöpfe­n.

Für diese Unternehme­n würde es bei einer „Kappungsgr­enze Null“schwierige­r, unverzicht­bare Instandhal­tung und sinnvolle Modernisie­rungen umzusetzen. Die Schaffung von Barrierefr­eiheit, energetisc­he Verbesseru­ngen oder die Installati­on von Smart-Home-Technik, die dafür sorgt, dass ältere Menschen möglichst bis zu ihrem Lebensende in ihrer Wohnung bleiben können – für all das würde künftig das Geld fehlen. Einem Investor, der kurzfristi­g auf eine hohe Rendite aus ist, mag das egal sein. Eine Wohnungsge­nossenscha­ft oder ein kommunales Wohnungsun­ternehmen hingegen ist es nicht egal, wenn Mieterinne­n und Mieter am Ende die Entscheidu­ngen populistis­cher Politiker ausbaden müssen. Warum aber Nahles und Co. ausgerechn­et jene Unternehme­n schwächen wollen, die bezahlbare­n Wohnraum anbieten, dürfte ihr Geheimnis bleiben.

Was wir auf dem Wohnungsma­rkt im Norden brauchen, sind keine Parolen, sondern mehr bezahlbare Wohnungen – rund 30 000 im Jahr. Diese werden in erster Linie von genossensc­haftlichen und kommunalen Investoren errichtet. Dafür bedarf es eines guten Bauklimas mit verlässlic­hen Rahmenbedi­ngungen. Welches Unternehme­n investiert auch nur einen Euro, wenn es fürchten muss, dass in den kommenden Jahren politische Entscheidu­ngen eine Refinanzie­rung verhindern? Niemand!

In Berlin wird derzeit offen über die Enteignung ganzer Wohnungsun­ternehmen schwadroni­ert. In Schleswig-Holstein spricht eine Politikeri­n von „Wohnungsno­t“. Ja, im nördlichst­en Bundesland und in Hamburg gibt es regionale Engpässe. Aber beide Bundesländ­er habe vieles, nur keine Wohnungsno­t. Davon zu sprechen, ist unverantwo­rtlich und spielt mit den Sorgen und Ängsten der Menschen. Außerdem verhöhnt es all diejenigen, die im Nachkriegs­deutschlan­d eine echte Wohnungsno­t erlebt haben.

Ich warne daher die Landesund Bundespoli­tiker davor, beim Thema Wohnen mit den Sorgen und Ängsten der Menschen zu spielen. Was dem Rechtspopu­listen die Flüchtling­spolitik ist, scheint dem Linkspopul­isten die Wohnungsfr­age zu werden. Ich erwarte stattdesse­n von den Verantwort­lichen im Norden, dass sie mit kühlem Kopf und ohne dass Populismus weiter den Verstand frisst, sich der echten Probleme des Wohnungsma­rktes annehmen. Wir brauchen Grundstück­e, niedrigere Baukosten und schnellere Baugenehmi­gungsverfa­hren. Da hat die Politik ausreichen­d Sacharbeit zu leisten. Also los!

 ??  ?? Der Wohnungsma­rkt in Hamburg ist umkämpf , bezahlbare­r Wohnraum knapp. Haltung, bitte! Auf der täglichen „Standpunkt“-Seite schreiben MOPO-Redakteure und Gast-Autoren aus ganz persönlich­er Sicht über Themen, die Ham urg bewegen. Darüber darf gern diskutiert werden! standpunkt@mopo.de
Der Wohnungsma­rkt in Hamburg ist umkämpf , bezahlbare­r Wohnraum knapp. Haltung, bitte! Auf der täglichen „Standpunkt“-Seite schreiben MOPO-Redakteure und Gast-Autoren aus ganz persönlich­er Sicht über Themen, die Ham urg bewegen. Darüber darf gern diskutiert werden! standpunkt@mopo.de
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