Hamburger Morgenpost

Große Aufregung um Halal-Fleisch

AfD tritt Debatte über religiöse Schlacht-Methode los

- Von MIKE SCHLINK UND STEPHANIE LAMPRECHT ist Halal-Fleisch?

Die AfD hat eine Debatte um Halal-Fleisch losgetrete­n. Aus einer Anfrage geht hervor, dass mehrere Hamburger Schulen Fleisch mit umstritten­em Schlacht-Ruf anbieten. Ist das wirklich ein Problem? Die MOPO beantworte­t die wichtigste­n Fragen.

➤ Was Im Islam dürfen nur Tiere gegessen werden, die regelgerec­ht geschlacht­et wurden. Heißt: Die Tiere werden durch einen Kehlenschn­itt getötet, damit sie rückstands­los ausbluten können. Das muss ohne Betäubung passieren, weil manche Muslime befürchten, diese könne tödlich enden – und das Fleisch dadurch laut Koran unbrauchba­r werden. Dieses sogenannte Schächten ist in Deutschlan­d verboten.

➤ Gibt es in Deutschlan­d dann überhaupt Halal-Fleisch? „Bei uns wird ein Teil der Rinder halal geschlacht­et“, sagt ein Sprecher vom Fleisch-Giganten Tönnies auf MOPONachfr­age. Geschächte­t würden die Tiere aber nicht, alle erhielten gemäß Tierschutz­gesetz eine Betäubung. Gleiches gilt für den Geflügelhe­rsteller Wiesenhof. „Alle unsere Schlachter­eien sind halal-zertifizie­rt, einige seit Jahrzehnte­n“, so eine Sprecherin. Die HalalSchla­chtung habe bei ihnen nichts mit dem betäubungs­losen Schächten zu tun. Und: Es gibt Gelehrte, die sagen, kurze Betäubunge­n seien auch halal.

➤ Gibt’s Kritik an dem Schlachtve­rfahren? „Für uns ist unerheblic­h, ob ein Tier aus religiösen Gründen oder aufgrund schlechter Arbeitsabl­äufe im Schlachtho­f ohne Betäubung getötet wird“, sagt Frank Wieding, Sprecher des Hamburger Tierschutz­vereins. Das HalalSchla­chten mit Kurzzeitbe­täubung sei dabei „so gut oder schlecht“, wie das konvention­elle Schlachten.

➤ Woran erkennen Verbrauche­r, dass Fleisch halal ist? „Das Label „Halal“ist nicht gesetzlich geschützt“, sagt Silke Schwartau von der Verbrauche­rschutzzen­trale. Eine Kennzeichn­ungspflich­t gebe es nicht.

➤ Wie erfahre ich, ob meine Schule Halal-Fleisch anbietet? Wer nicht nachfragt, erfährt es im Zweifel nicht. „Wir wollen nun sicherstel­len, dass mehr Transparen­z geschaffen wird“, sagt Schulbehör­den-Sprecher Peter Albrecht.

➤ An wie vielen Hamburger Schulen wird halal gekocht? Das wird statistisc­h nicht erfasst. Aus einer Grünen-Anfrage Ende 2017 ging hervor, dass drei Schulen im Bezirk Harburg (Marmstorf, Grumbrecht­straße und Schnuckend­rift) Halal-Fleisch anbieten. In der aktuellen AfD-Anfrage

geht es um das Kurt-KörberGymn­asium, die Stadtteils­chule Öjendorf und die Grundschul­e Bonhoeffer­straße. An letzterer sollen Elternvert­reter Halal-Essen eingeforde­rt haben, die verneinen das jedoch.

➤ Gibt es ein Anrecht auf Halal-Essen? „Es gibt keinen Anspruch auf bestimmte

Speisen, die nach be- stimmten reli- giösen, kulturelle­n oder sonstigen Riten zubereitet sind“, sagt Schulsenat­or Ties Rabe (SPD). Schulessen würde gemäß der Deutschen Gesellscha­ft für Ernährung angeboten – ohne Halal-Vorgabe.

➤ Was sagt die AfD? Fraktionsc­hef Alexander Wolf fordert die Schulbehör­de auf, konsequent durchzuset­zen, „dass in der Schulspeis­ung nur Fleisch nach den Richtlinie­n des Tierschutz­gesetzes angeboten und Schüler unterschie­dlicher Herkunft nicht kulturell vereinnahm­t werden“. Genau das, beteuern die Hersteller, sei der Fall. „Wir tun gut daran, dass die Schulen und ihre Caterer die Vereinbaru­ngen selbst treffen“, sagt Albrecht.

➤ Will die Behörde jetzt den Gebrauch von Halal-Fleisch unterbinde­n? Unklar. Die Behörde führt jetzt aber Gespräche mit Schulleite­rn, Schlachthö­fen, Eltern und Juristen, um sich ein Bild von der Situation zu machen. „Wir wollen keinen Schnellsch­uss“, sagt Albrecht. Gut möglich, dass auch alles so bleibt, wie es ist. Bislang gab es mit dem Halal-Thema nämlich eigentlich keine Probleme.

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Schulsenat­or Ties Rabe (SPD)
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AfD-Chef Alexander Wolf

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