Hamburger Morgenpost

Zoff ums Zoll-Denkmal Bezirk will Gebäude abreißen. Kulturbehö­rde fordert Erhalt von Teilen der Hafenanlag­e

- VON SANDRA SCHÄFER UND OLIVIER DAVID

Zigaretten, Drogen, Plagiate: Früher wurden an der Zollstatio­n Veddel Lkw nach Schmuggelg­ut durchsucht. Doch seit der Freihafen 2013 aufgehoben wurde, verkommen die Anlagen aus den 50er Jahren. Nachdem sich jahrelang niemand kümmerte, haben jetzt Politik und Denkmalsch­utzamt gleichzeit­ig ihre Liebe zum Areal entdeckt. Ein massiver Streit ist entbrannt. Denn die Hallen stehen jetzt unter Denkmalsch­utz! Es ist brüllend laut auf der Verkehrsin­sel, in deren Mitte die drei langen Zollgebäud­e stehen. Sie sind teils umzingelt von sechsspuri­gen Straßen, zigtausend schwere Lkw fahren täglich an den verlassene­n Gebäuden vorbei, die von A255 und Bahnverkeh­r umzingelt sind. Hier planen Bezirk Mitte und Stadtentwi­cklungsbeh­örde seit etwa einem Jahr einen Komplex mit dringend nötigen Läden plus Wohnungen.

„Dass die Gebäude plötzlich unter Schutz gestellt wurden, haben wir nur durch Zufall mitbekomme­n“, ärgert sich Falko Droßmann (SPD), Bezirksamt­sleiter in Mitte. „Diese Fläche zu bebauen wäre eine echte Chance, um die Veddel aus ihrer Insellage zu holen.“Denn sie soll aus einer Hand gemeinsam mit dem Kleinen Grasbrook überplant werden. Wenn die drei langgezoge­nen Hallen jedoch erhalten werden müssen, sei das eine totale Platzversc­hwendung.

Das sieht auch der Grüne Koalitions­partner in Mitte so. „Um dort überhaupt Wohnungen bauen zu dürfen, müssen wir für ganz viel Lärmschutz zu den Straßen und zur Bahn sorgen“, so Michael Osterburg. „Den können Gewerberie­gel bieten. Aber ein einstöckig­er Zollkomple­x kann das nicht.“Osterburg sieht auch die Schutzwürd­igkeit der Gebäude nicht. „Das Gesicht des Freihafens lässt sich sicherlich auch woanders erhalten, nicht ausgerechn­et hier.“

Die Kulturbehö­rde – zu der das Denkmalsch­utzamt gehört – hält dagegen. „Die Gebäude sind identitäts­stiftend, denn sie stehen für den Freihafen und sie haben eine klare Formsprach­e“, so Kulturbehö­rdensprech­er Enno Isermann. Es spreche vieles für eine Unterschut­zstellung. „In vielen Quartieren machen doch gerade die Denkmäler den Charme aus“, sagt er. Eine

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Die beliebte „Veddeler Fischgasts­tätte“liegt direkt neben den Zollanlage­n. Die alten Zollanlage­n stehen seit Jahren leer. Überall liegt Müll herum, in den Eingängen liegt Kot.
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Mittes Bezirksche­f Falko Droßmann (SPD)

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