Gelähmte Kristina Vogel: Ich will zurück ins Leben
Der bewegende Auftritt der Bahnrad-Olympiasiegerin
BERLIN - Sie ist froh, dass es jetzt endlich losgehen kann. „Ich möchte zurück ins Leben“, sagt Kristina Vogel freudestrahlend und voller Lebensfreude.
Kraftvoll und positiv präsentierte sich die einstige Ausnahmesportlerin gestern im Unfallkrankenhaus Berlin. „Ich hätte niemals gedacht, dass das weltweit solche Wellen schlägt.“Es ist das erste Mal nach ihrem folgenschweren Unfall, dass sie sich der Öffentlichkeit stellte. Die vergangenen zweieinhalb Monate „waren die härtesten im meinem Leben“, erzählt die 1,60 Meter große Power-Frau. Sie fühlte sich „wie ein Baby, das alles neu erlernen muss.“
An den Unfall selbst könne sie sich nicht mehr erinnern. Aufgrund der Schwere der Verletzungen musste sie ins Koma versetzt werden. Dann die Schock-Diagnose: Der siebte Brustwirbel war gebrochen. Das Rückenmark unheilbar zerstört. Querschnittslähmung. Und: Sie erlitt eine Fraktur am ersten Halswirbel. Trotz allem bleibt sie positiv: „Ich muss einen Schutzengel gehabt haben“, sagt sie. Denn der Bruch am ersten Halswirbel hätte sie töten oder zu einem Pflegefall machen können. „Glücklicherweise wurde bei der Halswirbelfraktur das Rückenmark nicht beschädigt“, erklärt Dr. Andreas Niedeggen, Chefarzt des Behandlungszentrums für Rückenmarkverletzte im Unfallkrankenhaus Berlin. Acht Wochen lang hatten ihr die Ärzte gesagt, sie muss geduldig sein. „Das habe ich gehasst“, sagt die 27-Jährige. Hätte sie noch ein bis zwei Tage länger im Bett auf der Intensivstation verbringen müssen, „hätte ich randaliert“, scherzt sie.
Am Freitag geht es das erste Mal nach Erfurt zur Familie und zum Freund. Sie freut sich, rauszukommen und zu kochen. „Auch wenn ich hier täglich mein Essen ans Bett serviert bekomme“, sagt sie mit einem schelmischen Grinsen. Ihr Humor scheint kein Schutzschild gegen aufwühlende Gefühle. Kristina Vogel ist da realistischer. „Ich weiß, dass ich in meinem Leben nicht mehr laufen kann.“Aber: „Da helfen keine Tränen, keine Beweihräucherung. Klar, ich bin keine Maschine, lag öfter mal da, musste meinen Emotionen freien Lauf lassen. Aber ich bin auf zwei Rädern genauso wie auf vier Rädern.“
Doch woher nimmt sie all diese Kraft? Unter anderem von ihrer „Mama“. Die sagte immer: „Das Leben hält genau so viele Aufgaben bereit, wie man bewältigen kann.“Und ihrem starken Lebensgefährten, dem Ex-Radsprinter Michael Seidenbecher. Er wachte rund um die Uhr an ihrem Bett, hielt ihre Hand.
Weihnachten könne Kristina Vogel dann selbstständig bei der Familie in Erfurt verbringen. Dann will sie sich neuen Zielen widmen. Auch im Sport.