Hamburger Morgenpost

Angst um unsere Amsel

Schon mehr 00 Tiere in Hamburg!

- STEPHANIE LAMPRECHT s.lamprecht@mopo.de

Hamburgs Amseln fallen zu Tausenden dem UsutuVirus zum Opfer: Mehr als 2500 tote Vögel aus der Hansestadt wurden dem NABU bisher gemeldet. Hamburg ist damit die am stärksten betroffene Region Deutschlan­ds.

Erst verlieren die dunkelgefi­ederten Vögel die Fähigkeit zu fliegen, dann können sie nicht mehr laufen, erleiden Krämpfe, wenige Stunden später sind sie tot: Das aus Afrika stammende Usutu-Virus ist in diesem Sommer das erste Mal in Hamburg aufgetauch­t und wütet in einem erschrecke­nden Ausmaß unter den Amseln.

In 52 Amsel-Kadavern aus Hamburg hat das Bernhard-Nocht-Institut (BNITM) für Tropenmedi­zin das tödliche Virus bisher nachgewies­en. Überträger der Krankheit sind Hausmücken. Professor Jonas Schmidt-Chanasit, der am BNI die Virusdiagn­ostik leitet, spricht von dem „ersten flächendec­kenden Usutu-Ausbruch in einer Großstadt weltweit“. Warum gerade hier?

Der Wissenscha­ftler nennt zwei Gründe: Erstens der ungewöhnli­che heiße Sommer, der besonders viele Mücken hervorbrac­hte – und gleichzeit­ig für das wärmeliebe­nde Virus optimale Bedingunge­n bot. Und zweitens die „naiven“Hamburger Amseln. „Naiv“bedeutet aus Virologens­icht, dass eine Population noch nie mit dem Virus in Kontakt gekommen ist und keine Antikörper bilden konnte.

Rund um die Außenalste­r wurden besonders viele Usutu-Fälle nachgewies­en, vermutlich wegen des Wassers, das sowohl Amseln als auch Mücken anzieht.

Für die Tropenmedi­ziner sind die gefiederte­n VirusOpfer in erste Linie „Indikatore­n“. Was die Forscher umtreibt, ist die Frage: Kann Usutu auch dem Menschen gefährlich werden? Fakt ist: Auch Menschen können durch einen Mückenstic­h mit dem Amsel-Killer infiziert werden, bemerken aber meist keine Symptome.

Derzeit werden Patienten mit Gehirnentz­ündung in Hamburg auf das Virus getestet, bisher aber ohne einen Nachweis.

Mit sinkenden Temperatur­en werden die Mücken weniger und die Zahl der Usutu-Opfer wird abnehmen. Usutu, so prognostiz­iert Prof. Schmidt-Chanasit jedoch, wird Hamburgs Amseln nachhaltig betreffen: „Das Virus wird uns in den kommenden Jahrzehnte­n begleiten.“

1996 ist das Virus zuerst außerhalb Afrikas aufgetauch­t, in der Toskana. 2011 gab es den ersten deutschen Nachweis in Freiburg. Auf der NABU-Seite gibt es eine Online-Meldeaktio­n zum Amselsterb­en.

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Professor Jonas Schmidt-Chanasit, Bernhard-Nocht-Institut
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Ist eine Amsel am Usutu-Virus erkrankt, verliert sie erst die Fähigkeit zu fliegen – und verendet schließlic­h unter Krämpfen.

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