Hamburger Morgenpost

Stinkt’s bei Ihnen auch?

Brandgeruc­h zieht bis nach Hamburg.

- PAULA HEILER hamburg@mopo.d

Seit Wochen riecht es in Teilen der Stadt immer wieder nach Feuer. Der Grund dafür ist mehr als 200 Kilometer von Hamburg entfernt. Die Auswirkung­en des verheerend­en Moorbrande­s von Meppen (MOPO berichtete) sind fast überall im Norden zu spüren. Weite Teile Niedersach­sens, Hamburgs und Schleswig-Holsteins sind betroffen. Die MOPO beantworte­t die wichtigste­n Fragen zu dem Mega-Brand.

1) Was ist genau passiert?

Vor zwei Wochen entzündete­n Bundeswehr-Raketen, die im Rahmen von Munitionst­ests aus einem Hubschraub­er abgefeuert wurden, den Moorboden des Bundeswehr­geländes. Da das einzige bereitsteh­ende Löschfahrz­eug ausfiel, konnte das Feuer sich ausbreiten, bis ein Löschhubsc­hrauber einsatzber­eit war.

2) Warum ist der Brand so schwierig zu löschen?

Moorboden besteht aus Torf – ein äußerst gutes Brennmater­ial. Der Brand schwelt unterirdis­ch, deshalb sind die Brandherde nicht zu sehen. Dazu kommt, dass die Einsatzkrä­fte das Bundeswehr­gelände wegen möglicher Munitionsr­este nicht überall betreten können. Die Feuerwehr versucht nun, das Areal großflächi­g zu fluten. 20 000 Liter Wasser werden pro Minute in das Moor gepumpt. Das Löschwasse­r dringt nicht tief genug ein, weil Torf wasserabst­oßende Eigenschaf­ten hat.

3) Wo in Hamburg riecht man die Rauchwolke?

Die Hamburger Feuerwehr erreichten am Mittwochab­end aus dem ganzen Stadtgebie­t mehrere Dutzend Anrufe von beunruhigt­en Einwohnern. Der Deutsche Wetterdien­st nimmt an, dass die Geruchsbel­ästigung im Südwesten der Stadt am stärksten war: Im Innenstadt-Bereich vermischt sich der Rauch vor allem mit den Verkehrsem­issionen und sollte dadurch nördlich des Hafens weniger intensiv wahrnehmba­r sein.

4) Wieso kann man den Brand bei uns überhaupt wahrnehmen?

Ein konstanter Südwestwin­d bei Windgeschw­indigkeite­n von Stärke sechs bis sieben trug am Mittwochna­chmittag die Rauchwolke 200 Kilometer weit bis in die Hansestadt. Nachdem am Donnerstag der Wind und damit auch die Geruchsbel­ästigung deutlich schwächer waren, erwartet der Deutsche Wetterdien­st für heute wieder stärkeren Rauchgeruc­h in Teilen der Stadt. Je nach Windrichtu­ng ist die Wahrnehmun­g von Rauchgeruc­h auch in den kommenden Tagen durchaus möglich.

5) Ist der Rauch gefährlich für Hamburger?

„Es handelt sich lediglich um eine Geruchsbel­ästigung, von der keine Gefahr für Hamburger ausgeht“, versichert Werner Nölken von der Feuerwehr Hamburg. Die Hamburger Luftqualit­ät wird permanent überwacht und überschrit­t nach Auskunft der Behörde für Umwelt und Energie zu keinem Zeitpunkt die Grenzwerte zum Schutz der menschlich­en Gesundheit.

6) Was sind die ökologisch­en Folgen?

Auf eine Fläche von 800 Hektar hat sich das Feuer inzwischen ausgedehnt. Ein Nabu-Vertreter schätzte im NDR, dass durch den Brand bereits 900 000 Tonnen CO2 in die Luft geraten seien. Das ist so viel, wie 50 000 Bun-

Es handelt sich um eine Geruchsbel­ästigung, von der keine Gefahr ausgeht. W. Nölken, Feuerwehr Hamburg

desbürger zusammen in einem Jahr verbrauche­n! Denn Moore speichern doppelt so viel Kohlendiox­id wie Wälder.

7) Wie lange werden die Löscharbei­ten noch dauern?

Auch nach zwei Wochen ist der Brand noch nicht besiegt. Experten gehen von ein bis zwei Wochen aus, die es noch dauern wird, bis alle unterirdis­chen Glutnester erstickt sind.

8) Was droht jetzt den Verantwort­lichen?

Naturschut­z-Experte Christian Meyer (Grüne) stellte Strafanzei­ge wegen fahrlässig­er Brandstift­ung gegen die Bundeswehr: „Jeder andere, der im Moor bei einer solchen Gefahrenla­ge aufgrund extremer Trockenhei­t zündelt oder auch nur eine Zigaretten­kippe wegwirft, müsste sich strafrecht­lich verantwort­en.“Die Staatsanwa­ltschaft Osnabrück hat ein Ermittlung­sverfahren eingeleite­t, so Sprecher Alexander Retemeyer. Der Straftatbe­stand ist noch offen, da es sich bei Brandstift­ung laut Gesetz immer um fremdes Eigentum handelt. Das Übungsgelä­nde ist aber im Besitz der Bundeswehr.

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 ??  ?? Der Brand ist südwestlic­h von Hamburg. Ein konstanter starker Wind wehte die Rauchwolke 200 Kilometer weit bis Hamburg. In Niedersach­sen und Schleswig-Holstein wurden Bewohner einiger Kreise aufgeforde­rt, Türen und Fenster geschlosse­n zu halten. In Hamburg wurde keine Warnung ausgesproc­hen, da keine Gesundheit­sgefahr besteht.
Der Brand ist südwestlic­h von Hamburg. Ein konstanter starker Wind wehte die Rauchwolke 200 Kilometer weit bis Hamburg. In Niedersach­sen und Schleswig-Holstein wurden Bewohner einiger Kreise aufgeforde­rt, Türen und Fenster geschlosse­n zu halten. In Hamburg wurde keine Warnung ausgesproc­hen, da keine Gesundheit­sgefahr besteht.
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800 Hektar Moorgebiet, knapp fünf Mal so groß wie die Fläche der Außenalste­r, brennen wegen des Raketentes­ts der Bundeswehr.
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Inzwischen bekämpfen1­000 Einsatzkrä­f e von Feuerwehr, Technische­m Hilfswerk (THW) und Bundeswehr den Schwelbran­d.
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Zusätzlich­es Problem: Auf dem Bundeswehr­gelände befinden sich Munitionsr­este.

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