Streit um Bürgerwehr gegen Drogenhändler
Anwalt will Dealer in der Schanze jagen.
Ein Hamburger Rechtsanwalt will Jagd auf die Dealer im Schanzenpark machen. Und das mit einer Truppe von Kampfsportlern. 30 Muskelmänner und zwei Frauen wollen hobbymäßig patrouillieren und die Dealer auf frischer Tat fassen. Die geplante Bürgerwehr von Christian Abel (40) sorgte gestern für massiven Ärger. Und hat Folgen: Seine eigenen Kollegen haben den Anwalt jetzt angezeigt.
Kickboxer, Karate- und Judosportler, ein Schäferhund, ein Dobermann und ein Drogenspürhund im Ruhestand – das ist die Truppe um Rechtsanwalt und CDU-Mitglied Christian Abel. Kommende Woche wollen sie laut „Abendblatt“das erste Mal im Schanzenpark patrouillieren. Das Ziel: die Dealer aus dem Park vertreiben. Sobald sie eine Straftat beobachten, wollen die Muskelmänner die Verdächtigen vorläufig festnehmen. Und dann die Polizei verständigen. Dass das vermutlich nicht ohne Gegenwehr passiert, ist der Bürgerwehr offensichtlich klar. Verfolgungsjagden, Messerangriffe, Schläge – laut Abel wisse sich seine durchtrainierte Truppe zu helfen.
Grundlage der Aktionen soll das „Jedermannsrecht“(Paragraf 127 der Strafprozessordnung) sein. Danach kann jeder Bürger einen Verdächtigen bis zum Eintreffen der Polizei festhalten, wenn er eine Straftat beobachtet hat. Allerdings ist fraglich, ob sich die Bürgerwehr nicht selber strafbar macht.
Polizeisprecher Timo Zill: „Das Jedermannsrecht darf man nicht überdehnen. Im Gegenteil, man liefe Gefahr sich selbst strafbar zu machen, zum Beispiel durch ei-
ne mögliche Nötigung. Strafverfolgung gehört in die Hände von Polizei und Justiz. Nicht in die von ausgebildeten Kampfsportlern.“Darüber hinaus sei die Polizei jeden Tag vor Ort tätig.
Die „Hamburger Arbeitsgemeinschaft für Strafverteidigerinnen und Strafverteidiger“hat gestern Anzeige gegen Christian Abel erstattet. „Wir sehen mit Sorge, dass massiv Straftaten gegen mutmaßliche Drogendealer, aber auch gegen völlig unbeteiligte im Park aufhältige Personen bevorstehen“, sagt Vorstand Tim Burkert (53).
Weil die Polizei täglich im Sternschanzenpark tätig sei, gelte das „Jedermannsrecht“nicht. „Die deutsche Geschichte hat gezeigt, dass vermeintliche, mit der Polizei konkurrierende Schutztrupps wie z. B. die SA zum Kern einer faschistischen Diktatur werden können. Es besteht daher mehr als genug Anlass, gegen solche Initiativen vorzugehen“, sagt Strafrechtler Burkert. Deshalb haben er und seine Kollegen Anzeige wegen der Bildung bewaffneter Gruppen, Volksverhetzung und Amtsanmaßung gegen den Anwalt erstattet.
Justizsenator Till Steffen (Grüne) bezeichnete die Pläne als „Schwachsinnsidee“. Selbstjustiz gegen Drogendealer im Schanzenpark verunsichere und ließe die Situation eskalieren, warnte er via Twitter. „Wer Dealer loswerden will, sollte nachdenken, wie aus einem Schwarzmarkt ein staatlich kontrollierter Markt werden könnte.“Er verwies auf einen Gesetzentwurf der GrünenBundestagsfraktion, der eine Freigabe von Cannabis für Volljährige vorsieht.