„Fehler korrigieren spricht für Stärke“
Plötzlich wieder Lob für SPD-Chefin Nahles. Heute Entscheidung?
- Die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles dürfte schon leichtere Zeiten durchlebt haben. Nachdem sie tagelang heftig für ihr „Ja“zum „Hochfeuern“von Noch-Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen kritisiert wurde, bekommt sie nun Streicheleinheiten aus ihrer Partei. Ihre Bitte an Angela Merkel und Horst Seehofer, den Fall neu zu verhandeln, beruhigt die Gemüter vieler Genossen. Aber die Kuh ist noch nicht vom Eis. Für heute wird eine Entscheidung erwartet.
„Es ist eine Stärke, falsche Entscheidungen infrage zu stellen und sie zu korrigieren“, lobte Ralf Stegner vom linken SPDFlügel Nahles’ Kehrtwende. Auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete es als „starke Leistung“, dass Nahles in einem Brief Neuverhandlungen verlangte.
Merkel und Seehofer hatten bereits am Freitag ein neues Gespräch zugesagt. Ihnen war wohl klar, dass die Genossen spätestens auf ihrer Präsidiumssitzung am Montagabend den Aufstand geprobt hätten, hätten sie sich nicht bewegt. „Es geht um die Zukunft der Koalition“, sagte auch Annegret Kramp Karrenbauer, CDU-Generalsekretärin. Die Kanzlerin hatte am Freitagabend eine „tragfähige gemeinsame Lösung“noch für dieses Wochenende angekündigt. Aber kann das wirklich gelingen?
Der Widerstand gegen eine Neuverhandlung ist jedenfalls größer, als man in Anbetracht des öffentlichen Aufschreis und des Unverständnisses vieler Bürger meinen sollte. Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach warnte die Union vor einem „Einknicken“. Würde sich die CDU auf Druck von Nahles auf einen neuen Kompromiss einlassen, wäre das „Politik paradox“und würde zu einem weiteren Image-Verlust für die Union führen.
Ernst G. Walter, Chef der Bundespolizei-Gewerkschaft, kritisierte, mit Maaßen werde ein „hochverdienter und erfolgreicher Beamter“aus parteipolitischem Kalkül ohne jede Rücksicht auf den dahinterstehenden Menschen „regelrecht vernichtet“. Das sei „einfach nur noch widerlich“.
Heute sollen sich die drei Parteichefs am Rande oder vor dem „Dieselgipfel“im Kanzleramt treffen, um einen neuen Kompromiss zu finden. Aber wie könnte der aussehen? Denkbar ist, dass Maaßen seinen jetzigen Stuhl räumt und wie vorgesehen ins Innenministerium wechselt – aber nicht als Staatssekretär, sondern als Abteilungsleiter. Er würde dann das Gleiche verdienen wie bisher. Eine weitere Möglichkeit wäre sein „freiwilliger“Rückzug. Dagegen spricht aber, dass er diesen Schritt auch bisher nicht gegangen ist. Bliebe noch die Möglichkeit, dass es zu keiner Einigung kommt. Dann würde die SPD wohl Seehofers Rücktritt fordern. Die Folge wären wohl Neuwahlen.