Ermordet, weil sie ein Spottlied über Hitler sang
1943 kam die in Magdeburg geborene Schauspielerin Hanne Mertens nach Hamburg, wo sie ein Engagement am ThaliaTheater erhielt. Sie galt als große Neuentdeckung, spielte sich in die Herzen des Publikums und erwarb sich einen Ruf als starke Persönlichkeit, die auch langweilige Rollen in unverwechselbare Figuren verwandeln konnte.
Bereits 1933 war die bildschöne Frau in die NSDAP eingetreten. Unter ihren Kollegen galt Hanne Mertens als Nazispitzel, unter anderem wegen ihres guten Kontakts zu NSDAP-Reichsleiter Martin Bormann, den sie 1939 kennengelernt hatte. Allerdings wurde aus der Mitläuferin im Laufe der Zeit eine Regime-Gegnerin. Mehrfach wurde sie von der Gestapo vorgeladen, da sie sich offen gegen den Krieg und den Nationalsozialismus ausgesprochen hatte. Aufgrund ihrer Prominenz fühlte sie sich aber unantastbar. Ein Irrtum.
Auf einer privaten Feier stimmte sie das Lied an „Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei“, wobei sie die nächste Liedzeile auf gefährliche Weise abänderte. Sie sang: „...zuerst Hitler, dann die Partei.“Ein Gestapo-Mann hörte das. Kurz vor Kriegsende, am 6. Februar 1945, wurde sie auf Befehl des Hamburger Gestapo-Chefs Hans-Wilhelm Blomberg verhaftet und ins Frauengefängnis Fuhlsbüttel überstellt. Mertens’ Name landete auf einer Todesliste mit 71 Personen: Menschen, die als gefährlich eingestuft wurden und vor Einmarsch der Alliierten liquidiert werden sollten.
Zusammen mit den anderen wurde Hanne Mertens in den Arrestbunker des KZ Neuengamme gebracht. In der Nacht vom 21. und 22. April erhängte die SS zwölf der 13 Frauen aus der Gruppe, und zwar im Gang des Bunkers an einem Balken unter der Decke. Die 13. Frau versteckte sich unter einer Bank, wurde aber entdeckt, brutal an den Haaren hervorgezogen und von einem SSMann erschlagen oder erschossen. Dabei soll es sich um Hanne Mertens gehandelt haben.
Der 2000. Hamburger Stolperstein, der 2007 vor dem Thalia-Theater verlegt wurde, erinnert an Hanne Mertens, die nur 36 Jahre alt wurde. Ein zweiter befindet sich vor dem Haus in der Sierichstraße, in dem sie wohnte.