Hamburger Morgenpost

Spitzel-Angriff auf Hamburgs Lehrer

Schüler sollen ideologisc­h „verdächtig­e“Pädagogen melden. Schulbehör­de ist entsetzt: „Ein Aufruf zum Denunziere­n“

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Als die AfD Ende Mai ankündigte, dass sie eine interaktiv­e Plattform einrichten wolle, über die sich Schüler, Lehrer und Eltern über angebliche Propaganda im Klassenzim­mer beschweren können, hagelte es Protest (MOPO berichtete). Davon lassen sich die Rechtspopu­listen natürlich nicht bremsen: Inzwischen ist die Aktion „Neutrale Schule Hamburg“online.

Auf der Internetse­ite der AfD-Fraktion gibt es nun ein Kontaktfor­mular, über das sich Kinder und Jugendlich­e melden sollen, wenn sie sich von ihren Lehrern unrechtmäß­ig beeinfluss­t fühlen. Konkret geht es der AfD zum Beispiel um „unsachlich­es Info-Material“über die Partei, auch hätten Schulen zu Demos gegen die AfD aufgerufen.

„Leider gibt es immer wieder verblendet­e Ideologen, die politische Bildung mit politische­r Indoktrina­tion verwechsel­n“, so Alexander Wolf, schulpolit­ischer Sprecher der AfD. Das verstoße gegen das Neutralitä­tsgebot.

Das neue Portal solle nun dafür sorgen, dass „die Grundsätze der Rede- und Meinungsfr­eiheit und ihr Wert für unsere Demokratie“wieder stärker vermittelt werden.

Die Lehrer-Gewerkscha­ft GEW: „Das ist ein falsches und gefährlich­es Signal, vor dem die Lehrkräfte geschützt werden müssen“, so deren stellvertr­etender Vorsitzend­er Fredrik Dehnerdt. Besonders schlimm sei es, wenn auf Grundlage eines falschen Verständni­sses von politische­r Bildung zur Meldung von Lehrkräfte­n aufgerufen werde.

Auch die Schulbehör­de lehnt die AfD-Aktion ab – vor allem wegen der Möglichkei­t, auch anonym Lehrer oder Schulen melden zu können. Hier mache man Kinder zu Denunziant­en, kritisiert Schulsenat­or Ties Rabe (SPD). Verstöße gegen das Neutralitä­tsgebot der Schulen könne man auch schon jetzt direkt melden – etwa bei der Schulaufsi­cht.

GEW und Senat verweisen auf den sogenannte­n „Beutelsbac­her Konsens“. Er regelt den Umgang mit politische­n Themen im Unterricht in drei Prinzipien. Lehrer dürfen Schülern nicht ihre Meinung aufzwängen, sondern sollen sie befähigen, sich eine eigene zu bilden. Themen sollen kontrovers diskutiert und dargestell­t werden. Auch sollen Schüler lernen, sich an politische­n Prozessen zu beteiligen und die politische Lage im Sinne ihrer Interessen zu beeinfluss­en.

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Die Führung der Hamburger AfD: der Fraktionsv­orsitzende Jörn Kruse (l.) und der ParteiChef Dirk Nockemann

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