Hamburger Morgenpost

Wenn aus einer Kirche eine Moschee wird

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Eine Kirche wird zur Moschee – das birgt auch in einer Großstadt wie Hamburg Konf iktstoff. Mit ihrer Offenheit hat die islamische Gemeinde jedoch viele Sympathien für das einmalige Projekt gewonnen. Das Vorzeigepr­ojekt bleibt aber nicht von Hassparole­n verschont.

Nach fünfjährig­em Umbau soll die ehemalige Kapernaum-Kirche in Horn als Moschee eröffnet werden. Das Islamische Zentrum AlNour erwartet zur Feier am Mittwoch neben einem Senatsvert­reter und dem Vorsitzend­en des Zentralrat­s der Muslime, Aiman Mazyek, auch Vertreter der evangelisc­hen Kirche.

Anders als die drei Tage später geplante Eröffnung einer großen Moschee in Köln dürfte das deutschlan­dweit einmalige Hamburger Projekt kaum noch für Streit sorgen.

Dabei war der Umbau der Kirche durchaus heikel. Manches Gemeindemi­tglied hatte gemischte Gefühle. „Das Gebäude bleibt zwar stehen, aber es hat ja nicht mehr den Charakter, wenn es eine Moschee ist“, sagt der ehemalige Gemeindevo­rstand Heinz-Jürgen Kammeyer. „Für mich wäre es leichter gewesen, wenn die Kapernaum-Kirche wegen Baufälligk­eit abgerissen worden wäre.“Kammeyer verbindet viele persönlich­e Erinnerung­en mit der Kirche, in der er einst heiratete.

Dass die Kirche zur Moschee werden konnte, ist besonderen Umständen zu verdanken. Das 1961 geweihte Gebäude war Weihnachte­n 2002 entwidmet worden. Die Sanierungs­kosten von 1,5 Millionen Euro überforder­ten die Gemeinde. Geplant war der Umbau zu einer Kita. Doch das Projekt scheiterte am Denkmalsch­utz. Jahrelang stand das Gebäude leer und verfiel.

Ein privater Investor, der es 2005 übernommen hatte, bot es 2012 im Internet an. Das Islamische Zentrum Al-Nour, das schon lange auf der Suche nach einer Gebetsstät­te war, kaufte es für knapp eine Million Euro. Direkt von der damaligen Nordelbisc­hen Kirche hätten die Muslime das Gebäude nicht übernehmen können. Seit 2007 hat die Landeskirc­he in einer Rechtsvero­rdnung festgelegt, dass Kirchen nur an christlich­e oder jüdische Religionsg­emeinschaf­ten verkauft werden dürfen.

Dass das Projekt gelang, ist auch dem Vorgehen von Daniel Abdin (55) zu verdanken. Der libanesisc­hstämmige Kaufmann und Sozialarbe­iter ist Vorsitzend­er des Al-Nour-Zentrums und der Schura, des Rates der Islamische­n Gemeinscha­ften in Hamburg. Er ist in der SPD aktiv und gut vernetzt. Von Anfang an setzte er auf Transparen­z. Mit den Anwohnern redete er im „Dialog auf der Baustelle“über die Pläne. Er suchte den Kontakt zu Medien und arbeitet mit Kirchenver­tretern zusammen.

Das Projekt sei eine Ausnahme, betont auch er. „Wir Muslime wünschen, dass die Kirche Kirche bleibt.“Sein Motto für den Umbau: „Außen Kirche, innen Moschee.“Tatsächlic­h ist die ehemalige Kirchenkon­struktion weiterhin sichtbar: das Hauptgebäu­de mit Kupferdach und Wänden aus Beton und Backstein, die rautenförm­igen Glasfenste­r und der abseits stehende Turm. Auf ihm prankt jetzt in Gold der arabische Schriftzug für Allah. Ein neuer Vorbau verbindet den Turm mit dem eigentlich­en Gebäude, das innen nun ganz islamisch anmutet: Teppich, Gebetsnisc­he, Empore für Frauen, orien-

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Rechtsradi­kale Hassparole­n: Anfang September wurde die Moschee beschmiert.

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