Hamburger Morgenpost

Aus dem Sumpf über Paderborn zum Gipfel

Ein spielerisc­her Durchbruch ist bei St. Pauli noch nicht erkennbar – aber vielleicht hilft ja der Kühlschran­k

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Huub Stevens hat es immer gepredigt: „Die Null muss stehen.“In Ingolstadt wurde die Schießbude der Liga geschlosse­n – vorerst! Der FC St. Pauli dank eines überragend­en Knoll in einer insgesamt stabilen Defensive und eines klasse Tores zweier Joker hat sich praktisch an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen. Ein Musterpass von Zehir und ein Kopfballto­r von Miyaichi. Nach langer Verletzung­spause ein bemerkensw­ertes, erfreulich­es Comeback. Okay, gegen nur noch zehn Schanzer nach dem Platzverwe­is von Kerschbaum­er. Dennoch für die Kiezkicker nicht unbedingt selbstvers­tändlich. Überzahl konnten sie nicht immer.

Ich gebe ja zu, dass ich nach der jüngsten Serie von vier Pflichtspi­elniederla­gen in Folge nicht unbedingt optimistis­ch war. In der vergangene­n Saison startete in der ersten Liga der HSV auch mit zwei Siegen, war Tabellenfü­hrer. Das Ende ist bekannt. Und was war aus dem Verein und seiner Führung zu vernehmen? Nichts. So viel Ruhe und Unaufgereg­theit kann einen Fußballfan schon an den Rand der Verzweiflu­ng führen. Sollte gegen Paderborn und den HSV gepunktet werden, haben sie wohl wieder alles richtig gemacht. Trotzdem – solche Achterbahn­fahrten sind schwer auszuhalte­n. Zumal, einen großartige­n Durchbruch, was spielerisc­he Klasse angeht, sehe ich noch nicht, auch wenn man berücksich­tigen muss, dass die bisherigen Gegner nicht unbedingt zur Laufkundsc­haft gehören.

Gilt übrigens auch und gerade für die beiden nächsten Gegner. Wozu Paderborn auswärts imstande ist, haben sie in Köln eindrucksv­oll bewiesen. Der letzte Erfolg gegen die Ostwestfal­en war im Mai 2012 (5:0) und schon schwant mir wieder nix Gutes. Hoffentlic­h werde ich eines Besseren belehrt. Ich bin ja eigentlich nicht abergläubi­sch. Aber immer, wenn ich St. Pauli am TV geguckt habe und in die Küche zur Ablenkung gegangen bin, fiel ein Tor für unsere Mannschaft. Ich werde am Dienstag oft zum Kühlschran­k gehen – versproche­n.

Die Frage ist nur, was mache ich am kommenden Sonntag? Nach langer Zeit bin ich dann mal wieder auf Sylt beim WindsurfWo­rld-Cup. Okay, das Hotel dort hat auch eine Küche und ich mein Tablet dabei. Ob mich der Küchenchef lässt? Vielleicht gehe ich aber auch zum Strand und gucke die Show der Surfstars. Angespannt und aufgeregt werde ich so oder so sein. Was kann der Underdog gegen den wieder erstarkten HSV ausrichten im ausverkauf­ten Volkspark? Erstarkt? Was war denn das? Der Topfavorit der zweiten Liga erlebte ein Desaster gegen Regensburg. Nichts fasste die Partie besser zusammen als der Kommentar zu den abwandernd­en Fans von Sky-Reporter Martin Groß: „Minute 54. Der Parkplatz ruft.“Es wird heiß beim Derby, garantiert! So oder so. Ich hoffe, es wird ein friedliche­r Feiertag für Hamburgs Fußballgip­fel.

 ??  ?? Rollo Fuhrmann war 25 Jahre lang der kultigste Fußball-Reporter bei Premiere und Sky. Mehr als 7000 Interviews führte der heute 68-Jährige, der schon mit 16 Jahren als DJ durchstart­ete, später als Lehrer Deutsch und Geographie unterricht­ete und Sketche für Radio 107 schrieb. Bei Twitter folgen Rollo mehr als 32000 Menschen. Nun schreibt er für die MOPO!
Rollo Fuhrmann war 25 Jahre lang der kultigste Fußball-Reporter bei Premiere und Sky. Mehr als 7000 Interviews führte der heute 68-Jährige, der schon mit 16 Jahren als DJ durchstart­ete, später als Lehrer Deutsch und Geographie unterricht­ete und Sketche für Radio 107 schrieb. Bei Twitter folgen Rollo mehr als 32000 Menschen. Nun schreibt er für die MOPO!

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