Hamburger Morgenpost

Wie Hamburgs Clubs gerettet werden können

T ein „Soli“auf jedes Konzertket die Lösung?

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Wer heute als junger Künstler von seiner Musik leben will, hat es deutlich schwerer als noch vor 20 Jahren. Mit CD- und Downloadve­rkäufen lässt sich nur noch wenig Geld verdienen, die Erlöse aus Streamingd­iensten wie Spotify sind lächerlich. Die Folge: Der Druck auf die Künstler ist enorm gestiegen – ohne Konzerte geht nicht mehr viel. Und dieser Druck setzt sich weiter fort bis in die Clubs: Sie sind die Letzten in der Nahrungske­tte des Live-Entertainm­ents – und akut bedroht!

Eigentlich ist das paradox – denn in den Clubs beginnt die Aufbauarbe­it für die Künstler, die eines Tages die Barclaycar­d-Arena, das Volksparks­tadion oder den Stadtpark füllen. Hier sammeln die jungen Bands ihre ersten wichtigen Erfahrunge­n, hier entscheide­t sich, wer das Zeug zum Superstar hat. Bei uns in der Markthalle haben Bands wie Pearl Jam, Metallica oder Depeche Mode ihre ersten Konzerte gegeben – heute füllen sie weltweit die Stadien.

Doch wenn die Konzertgäs­te zu uns in die Clubs kommen, ist den meisten nicht bewusst, was dort geleistet wird. Clubbetrei­ber sind mittlerwei­le fachkundig­e Musikmanag­er, Veranstalt­er, Gastronome­n, Kaufleute, FacilityMa­nager, Therapeute­n, IT-Spezialist­en, ECommerce-Spezialist­en, Marketing-Profis, Juristen, Steuerbera­ter, Visionäre, CEOs – natürlich alles gerne in einer Person und in Echtzeit. Und das 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, wenn’s sein muss.

Der Preis für ein Konzerttic­ket deckt jedoch nur die unmittelba­ren Kosten der Veranstalt­ung – wenn es gut läuft. Oft reichen die Einnahmen aus dem Verkauf der Eintrittsk­arten aber selbst dafür nicht aus: Ohne die Erlöse in der Gastronomi­e würde es keinen einzigen Club mehr in Hamburg geben!

Das Geld aus dem Ticketverk­auf landet zum Großteil bei den Künstlern und deren Management. Eine Beispielre­chnung: Von den 18 Euro, die ein Ticket bei uns im Durchschni­tt kostet, verbleiben bei uns – je nach Vereinbaru­ng – etwa sechs Euro. Das heißt: Bei einer Show mit 500 Besuchern (das ist bei uns der Durchschni­tt) behalten wir rund 3000 Euro übrig. Davon werden dann die sogenannte­n Durchführu­ngskosten bezahlt: Technik, Personal, Catering, Hotels, Werbung und so weiter. Wenn es gut läuft, bleibt danach etwas hängen. Davon bezahlen wir dann die Miete für das Gebäude, die Nebenkoste­n, die Instandhal­tung, den Betrieb und das Personal. So gesehen sind die Einnahmen aus der Gastronomi­e für uns lebenswich­tig.

Nachwuchsk­onzerte können bei uns nur stattfinde­n, weil wir von der Kulturbehö­rde eine Teilförder­ung erhalten. Die Tickets für solche Konzerte liegen im Schnitt bei zehn (!) Euro – das entspricht in etwa dem Mindestloh­n. Diese mutigen jungen Bands, die sich auf die Bühne trauen, teilen sich dann nach dem Auftritt einen zweistelli­gen Betrag, manchmal auch nur eine Kiste Bier. Rock ’n’ Roll!

Hinzu kommt, dass Clubs sich häufig in Gebäuden befinden, die nicht dem aktuellen Stand der Technik entspreche­n, geschweige denn barrierefr­ei oder nachhaltig beschaffen sind – auch hierfür übernehmen sie die Verantwort­ung. Die Hamburger Clubs fangen vieles ab, danach kommt nichts mehr in der sogenannte­n Wertschöpf­ungskette.

Wenn diese Leistung nicht wertgeschä­tzt wird, auch in Form von Geld, dann werden die Clubs eines Tages verschwund­en sein. Und mit ihnen die jungen Bands: die zukünftige­n Stars für die Barclaycar­d-Arena, das Volksparks­tadion oder den Stadtpark. Das kann niemand wollen, oder?

Ich plädiere daher für ein Förderungs­modell, das im Profifußba­ll schon lange bekannt ist und gut funktionie­rt: Dort erhalten die kleinen Vereine, die junge Fußballer ausbilden, eine finanziell­e Wertschätz­ung ihrer Arbeit und können die Ausbildung junger Talente weiter fortführen – und somit den Nachwuchs sichern.

Übertragen auf die Clubszene lautet mein Vorschlag: ein Euro von jeder Konzertkar­te in Hamburg als Solidaritä­tszahlung für die Arbeit der Hamburger Clubs! Das Geld würde in die Hamburger Clubstiftu­ng fließen und von dort aus weitervert­eilt werden. Und damit die Rockstars von morgen sichern!

Der Preis für ein Ticket deckt nur die unmittelba­ren Kosten des Konzerts – wenn es gut läuft.

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