Hamburger Morgenpost

Dashcams: Großes Kino oder nur ein mieser Film?

Probleme bei allen Autokamera­s festgestel­lt

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HANNOVER/MÜNCHEN - Man sieht sie in immer mehr Autos: Dashcams, die die Fahrt aufzeichne­n und bei einem Unfall wichtiges Beweismate­rial zur Verfügung stellen. Doch die Autokamera­s machen selten, was sie sollen, sind oft nicht datenschut­zkonform und können am Ende sogar ein Risiko darstellen. Das zeigt ein Test der Zeitschrif­t „c't“mit dem ADAC, bei dem neun Geräte zwischen 17 und 300 Euro getestet wurden.

Solche Kameras, die etwa per Saugnapf an die Frontschei­be kommen, sollen bei einem Unfall helfen, Beweise zu sichern. Dazu speichern sie gefilmte Aufnahmen, sobald deren Sensoren einen Unfall oder eine gefährlich­e Situation erkennen.

Aber Modelle, die beim Test entspreche­nd sensibel auf Fahrtests reagierten, filmten meist nur unbefriedi­gende Videos. Und solche mit guter Aufnahmequ­alität wiederum patzten bei der Erkennung von Unfällen, so die „c't“: Die meisten würden aufgrund der schlechten Halterunge­n „bei schweren Unfällen eher ein Sicherheit­srisiko darstellen, als zur Klärung des Unfallherg­angs beizutrage­n“.

Auch den ADAC überzeugen die Dashcams noch nicht, deswegen gibt der Autoclub keinem der neun Geräte eine gute Note. Sieben bekommen ein „Befriedige­nd“, und zwei sind nur „ausreichen­d“(TrueCam A7S, Navgear VGA-Dashcam), darunter das billigste. Zwei Drittel der Geräte wurden schon aufgrund der Halterung abgewertet, weil diese beim Crash nach oben abklappte und die Dashcam so den Himmel filmte. Darüber hinaus konnten die in der Mehrzahl nur nach vorn gerichtete­n Geräte viele Unfallszen­arien, etwa Auffahrunf­älle oder Seitenremp­ler, nicht erfassen. Auch mit schlechten Sichtverhä­ltnissen kamen viele Geräte nicht klar. Und bei manchen Modellen wiederum sind die gespeicher­ten Filmschnip­sel nicht ausreichen­d gegen versehentl­iches Löschen geschützt. „Man hat den Eindruck, die Geräte sind noch nicht wirklich so weit“, sagt „c't“Redakteur Sven Hansen, der deshalb rät, lieber noch mit der Anschaffun­g zu warten.

Doch für wen lohnen sich Dashcams überhaupt? Die Kameras sind laut Experten für Autofahrer geeignet, die viel unterwegs sind, vor allem in Städten und Regionen mit viel Verkehr. Bei wenig Verkehr oder für Wenigfahre­r sind sie eigentlich nicht nötig. „Hintergrun­d ist ja, dass die Kameras helfen sollen, die Schuldfrag­e bei Unfällen zu belegen“, sagt Anja Smetanin vom Auto Club Europa. Denn: Ein Verkehrsun­fall lässt sich oft nur schwer rekonstrui­eren. Zeugen haben eine subjektive Wahrnehmun­g und widersprec­hen sich häufig. Videoaufna­hmen können objektive Bilder liefern, die zu einer schnellere­n und eindeutige­ren Schuldfind­ung beitragen können.

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Dashcam im Einsatz an der Windschutz­scheibe: Oft taugen die Halterunge­n der Geräte nichts.

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