Hamburger Morgenpost

Pferde-Kutschen verbieten?

IMMER WIEDER UNFÄLLE Warum Tierschütz­er jetzt Konsequenz­en fordern, was die Kutscherin sagt

- Von MAX WEINHOLD und RÜDIGER GAERTNER

Der tödliche Unfall auf dem Ohlsdorfer Friedhof hat für Bestürzung gesorgt. Und für viele offene Fragen. Wieso musste eine 78 Jahre alte Frau sterben? Wurden die Pferde falsch gehalten? Werden Kutschen jetzt verboten? Auf der Suche nach Antworten nach dem Unfalldram­a.

„Die Risiken bei Kutschfahr­ten sind unkontroll­ierbar“, sagt Peter Höffken, Fachrefere­nt bei der Tierschutz­organisati­on PETA und Pferde-Experte. „Pferde sind Fluchttier­e und können selbst bei geringen Störungen in Panik geraten.“Diese geringen Störungen könnten zum Beispiel ein ungewohnte­s Geräusch der Kutsche nach einer Unebenheit im Boden sein oder ein Geschirr, das unbequem sitzt.

Letzteres prüft die Polizei nun auch als Auslöser für den Unfall. „Das ist eine der möglichen Ursachen“, sagt Sprecher Ulf Wundrack. Peter Höffken kann sich das gut vorstellen. „Das kann ausreichen, damit ein Pferd durchgeht.“Im Übrigen sei das Erschrecke­n von Pferden die „mit Abstand häufigste Unfallsach­e“. So sei es auch bei den 41 Unfällen mit Pferdekuts­chen 2017 gewesen.

Drei Menschen wurden dabei getötet, 67 verletzt. Auch drei Pferde starben, 17 weitere erlitten Verletzung­en. „Die einzige Lösung zum Schutz von Mensch und Tier ist ein Verbot von Pferdekuts­chen“, sagt Höffken.

Der Hamburger Tierschutz­verein forderte die Verwaltung des Ohlsdorfer Friedhofs auf, „die Kutschfahr­ten aus Tier- und Menschensc­hutz-Gründen sofort und dauerhaft einzustell­en.“PETA erwartet von Bürgermeis­ter Peter Tschentsch­er gar, ein hamburgwei­tes Verbot zu prüfen.

Für die zuständige Innenbehör­de eine vorschnell­e Forderung. Ein Sprecher verwies darauf, dass die Ermittlung­en zur Unfallursa­che noch nicht abgeschlos­sen seien.

Unterdesse­n wurden gestern neue Details zu dem Unfall bekannt. Wie die Polizei mitteilte, stieg das Pferd, das vorher durchgegan­gen war und später eingeschlä­fert werden musste, auf die Motorhaube des entgegenko­mmenden Mazda, durchbrach mit seinen Hufen die Frontschei­be, stürzte auf den 50 Jahre alten Fahrer und verletzte ihn schwer. Dabei kippte die Kutsche um und begrub das 78-jährige Todesopfer und eine 80-Jährige, die gerade auf das Gespann gestiegen waren.

Andrea Kunz, die die Kutsch-Touren über den größten Parkfriedh­of Europas anbietet, saß nicht auf dem Bock, sondern stand bei ihren Friesenpfe­rden. „Ich bedauere den Unfall und die Folgen zutiefst“, sagte sie. „Ich möchte mich bei allen Opfer entschuldi­gen. Ich kann mir überhaupt nicht erklären, wie das passieren konnte.“Diese Frage wird jetzt die Polizei versuchen zu klären.

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 ??  ?? Die umgestürzt­e Kutsche am Mittwoch auf dem Friedhof Ohlsdorf. Links steht der Mazda, auf den ein Pferd gestiegen war und den Fahrer (50) schwer verletzt hatte.
Die umgestürzt­e Kutsche am Mittwoch auf dem Friedhof Ohlsdorf. Links steht der Mazda, auf den ein Pferd gestiegen war und den Fahrer (50) schwer verletzt hatte.

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