Erdogans gescheiterte Versöhnungs-Tour
Ankara feiert „neues Kapitel“, Berlin ist ernüchtert
BERLIN - Wer wissen möchte, ob Recep Tayyip Erdogan mit seinem dreitägigen Deutschlandbesuch zufrieden ist, der lese die auf Linie gebrachten türkischen Medien. Die feiern ein „neues Kapitel“deutsch-türkischer Freundschaft – im Widerspruch zur Realität.
In der regierungsnahen Zeitung „Sabah“hieß es, mit der Reise habe ein neues Kapitel in den Beziehungen begonnen. Die Begegnungen seien „warm“gewesen. Viele Zeitungen zeigten ein Bild, auf dem Merkel und Erdogan händeschüttelnd zu sehen sind – Erdogan mit einem Lächeln, was beim Besuch eher selten vorkam. „Wärme“, „Lächeln“, „neues Kapitel“– niemand in Deutschland würde nach dem Polterauftritt des Despoten solche Begriffe wählen. Im Gegenteil: Mit dem Bundespräsidenten und der Kanzlerin Angela Merkel hatte Erdogan zwei bis aufs Äußerste entgegenkommende Gesprächspartner. Dass Frank-Walter Steinmeier mit eisigem Gesicht die Treffen mit seinem Gast überstand und Merkel auf der gemeinsamen Pressekonferenz „tiefgreifende Differenzen“thematisierte – für die beiden Musterdiplomaten war das Ausdruck einer tiefen Enttäuschung.
Erdogan selbst trägt für das schlechte Klima während des Besuchs die Verantwortung: Er konfrontierte seine Gastgeber vor Ankunft mit einer Liste angeblicher „Terroristen“, deren Auslieferung er von Deutschland fordert. Er irritierte mit merkwürdigen Handzeichen, die als Gruß der islamistischen Muslimbrüder bekannt sind. Er drohte mit dem Abbruch einer Pressekonferenz, weil ein ihm nicht genehmer Journalist seine Teilnahme angekündigt hatte. Zu guter Letzt verlor er beim Staatsbankett komplett die Contenance, pöbelte enthemmt gegen Deutschland, wo „Hunderte, Tausende“von Terroristen frei herumliefen. Für den Repräsentanten eines heruntergewirtschafteten Schwellenlandes, der sich von Berlin wirtschaftliche Hilfe erhofft, ein bemerkenswerter Auftritt.
Es war die der Religionsbehörde in Ankara unterstellte deutsche Islam-Organisation Ditib, die dem Besuch den vielleicht nachhaltigsten Regiefehler bescherte: Bei der Einweihung der Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld sprach zwar ein ausländischer Präsident (nämlich Erdogan) – deutsche Politiker indes hatten zu schweigen. Durch die Symbolik dahinter – Moscheen in Deutschland de facto als exterritoriale Gebiete – werden sich viele AfD-Sympathisanten bestätigt sehen. Damit hat sich Ditib politisch keinen Gefallen getan.
Von Normalität sind beide Länder genauso weit entfernt wie vor dem Besuch. Cem Özdemir, Grüne