Gipsy Kings Welthits, Prügeleien und MafiaMethoden
Warum Songschreiber Chico jetzt The Original Gypsies gründete
„Das sind doch Familienmitglieder, die Brüder meiner Frau und Paten meiner Kinder – die kann ich doch nicht einfach fallen lassen!“, sagt Chico. Und erklärt damit, warum er vor einigen Monaten mit drei ehemaligen Gipsy-Kings-Mitgliedern eine neue Band gegründet hat. 26 Jahre, nachdem sich ihre musikalischen Wege getrennt hatten. Jetzt kommen The Original Gypsies ins „Mehr!“-Theater. Die MOPO konnte ihr erstes Konzert vorab besuchen – und erfuhr einiges über die verworrene Geschichte der Gruppe, die in den 80ern mit Songs wie „Bamboleo“Welthits geschaffen hat.
An diesem Abend im französischen Arles werden die The Original Gypsies von 500 Menschen bejubelt. Auch wenn hier vier der ehemals sechs Gründungsmusiker versammelt sind (neben Chico auch Patchai, Canut und Paul Reyes): Gipsy Kings dürfen sie sich nicht nennen – die Namensrechte liegen bei der Plattenfirma der beiden anderen ReyesBrüder, die inzwischen mit ihren Söhnen als „Gipsy Kings“vor allem in den USA touren. Erst vor kurzem hat Chico mit seinem Manager und Freund Ruedi Ledermann einen Prozess um eben diese weltbekannte Marke verloren.
Es ist der jüngste Akt in einer schier endlosen Geschichte von Auseinandersetzungen, seit der Gitarrist 1991 die Familien-Band verließ. Damals gründete er Chico & The Gypsies – bei deren Auftritten erschien immer wieder die Polizei: Die Anwälte der Gipsy Kings versuchten so, die Konzerte zu verbieten. Der Vorwurf: Er bediene sich unerlaubt des Namens und der Hits. Dabei stammen letztere fast sämtlich aus seiner Feder.
Sein Freund Ledermann musste als „Warnung“auch schon mal eine Tracht Prügel am Rande eines Konzertes einstecken – und als er einst im CCH ein Gastspiel der Gipsy Kings besuchen wollte, ließ deren Promoter den Auftritt stoppen und verlangte, dass der Schweizer den Saal verlassen sollte.
Mafia-ähnliche Methoden, die von immer neuen Prozessen um Namens- und Markenrechte begleitet wurden. Schließlich ging und geht es hier um weit mehr als „nur“Musik: Mehr als 60 Millionen Alben haben die Gipsy Kings verkauft. Eine Popularität, die den zwei verbliebenen „Gipsy Kings“ bis heute erfolgreiche Tourneen in den USA beschert – oder vielmehr deren Plattenfirma und Veranstaltern. Natürlich habe er nach der „Rückkehr“der drei ReyesBrüder auch die beiden anderen zu sich eingeladen, sagt Chico. „Doch das wurde von ihrer Produktionsfirma sofort unterbunden.“
Also gehen nun The Original Gypsies auf Tour, spielen juristisch unanfechtbar als „Reunion of the four former members of the legendary Gipsy Kings“am 9. Oktober in Hamburg. Chico ist vor glücklich darüber, dass jetzt wieder die ganze Familie zusammen ist – nun ja, fast: „Meine Türen bleiben auch für die beiden Reyes-Brüder immer offen“, sagt der 64Jährige. Letztlich gehe es doch um die Musik und das gemeinsame Musizieren, denn die Gipsy Kings selbst existierten ja schon lange nicht mehr: „Was es noch gibt, ist der Mythos – und der lässt sich nicht personifizieren.“Außer im Markenrecht und vor Gericht.
➤ „Mehr!“-Theater: 9.10., 20 Uhr, 49,90-89,90 Euro