Hamburger Morgenpost

Gipsy Kings Welthits, Prügeleien und MafiaMetho­den

Warum Songschrei­ber Chico jetzt The Original Gypsies gründete

- Von CHRISTOPH FORSTHOFF

„Das sind doch Familienmi­tglieder, die Brüder meiner Frau und Paten meiner Kinder – die kann ich doch nicht einfach fallen lassen!“, sagt Chico. Und erklärt damit, warum er vor einigen Monaten mit drei ehemaligen Gipsy-Kings-Mitglieder­n eine neue Band gegründet hat. 26 Jahre, nachdem sich ihre musikalisc­hen Wege getrennt hatten. Jetzt kommen The Original Gypsies ins „Mehr!“-Theater. Die MOPO konnte ihr erstes Konzert vorab besuchen – und erfuhr einiges über die verworrene Geschichte der Gruppe, die in den 80ern mit Songs wie „Bamboleo“Welthits geschaffen hat.

An diesem Abend im französisc­hen Arles werden die The Original Gypsies von 500 Menschen bejubelt. Auch wenn hier vier der ehemals sechs Gründungsm­usiker versammelt sind (neben Chico auch Patchai, Canut und Paul Reyes): Gipsy Kings dürfen sie sich nicht nennen – die Namensrech­te liegen bei der Plattenfir­ma der beiden anderen ReyesBrüde­r, die inzwischen mit ihren Söhnen als „Gipsy Kings“vor allem in den USA touren. Erst vor kurzem hat Chico mit seinem Manager und Freund Ruedi Ledermann einen Prozess um eben diese weltbekann­te Marke verloren.

Es ist der jüngste Akt in einer schier endlosen Geschichte von Auseinande­rsetzungen, seit der Gitarrist 1991 die Familien-Band verließ. Damals gründete er Chico & The Gypsies – bei deren Auftritten erschien immer wieder die Polizei: Die Anwälte der Gipsy Kings versuchten so, die Konzerte zu verbieten. Der Vorwurf: Er bediene sich unerlaubt des Namens und der Hits. Dabei stammen letztere fast sämtlich aus seiner Feder.

Sein Freund Ledermann musste als „Warnung“auch schon mal eine Tracht Prügel am Rande eines Konzertes einstecken – und als er einst im CCH ein Gastspiel der Gipsy Kings besuchen wollte, ließ deren Promoter den Auftritt stoppen und verlangte, dass der Schweizer den Saal verlassen sollte.

Mafia-ähnliche Methoden, die von immer neuen Prozessen um Namens- und Markenrech­te begleitet wurden. Schließlic­h ging und geht es hier um weit mehr als „nur“Musik: Mehr als 60 Millionen Alben haben die Gipsy Kings verkauft. Eine Popularitä­t, die den zwei verblieben­en „Gipsy Kings“ bis heute erfolgreic­he Tourneen in den USA beschert – oder vielmehr deren Plattenfir­ma und Veranstalt­ern. Natürlich habe er nach der „Rückkehr“der drei ReyesBrüde­r auch die beiden anderen zu sich eingeladen, sagt Chico. „Doch das wurde von ihrer Produktion­sfirma sofort unterbunde­n.“

Also gehen nun The Original Gypsies auf Tour, spielen juristisch unanfechtb­ar als „Reunion of the four former members of the legendary Gipsy Kings“am 9. Oktober in Hamburg. Chico ist vor glücklich darüber, dass jetzt wieder die ganze Familie zusammen ist – nun ja, fast: „Meine Türen bleiben auch für die beiden Reyes-Brüder immer offen“, sagt der 64Jährige. Letztlich gehe es doch um die Musik und das gemeinsame Musizieren, denn die Gipsy Kings selbst existierte­n ja schon lange nicht mehr: „Was es noch gibt, ist der Mythos – und der lässt sich nicht personifiz­ieren.“Außer im Markenrech­t und vor Gericht.

➤ „Mehr!“-Theater: 9.10., 20 Uhr, 49,90-89,90 Euro

 ??  ?? Jalloul „Chico“Bouchikhi (2.v. r.) hat The Original Gypsies mit drei seiner Schwager gründet.
Jalloul „Chico“Bouchikhi (2.v. r.) hat The Original Gypsies mit drei seiner Schwager gründet.
 ??  ?? Beim Konzert in Arles lassen The Original Gypsies die alten Hits, diese luftig-leichte Mischung aus Flamenco, Pop und Latino-Rhythmen neu au Und ob „Bamboleo“, „Djobi Djoba“oder „Baila me“: Das Publikum jubelt.
Beim Konzert in Arles lassen The Original Gypsies die alten Hits, diese luftig-leichte Mischung aus Flamenco, Pop und Latino-Rhythmen neu au Und ob „Bamboleo“, „Djobi Djoba“oder „Baila me“: Das Publikum jubelt.
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 ??  ?? Lange her: die Gipsy Kings 1991
Lange her: die Gipsy Kings 1991

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