Hamburger Morgenpost

Spiel-Verderby

Lahme Nullnummer zwischen HSV und St. Pauli: Aber Verlierer und Gewinner gab es trotzdem

- OW/IKS/MAX/DUE/OD/ MIK/IDV/VOS/ROER

Mit den schlimmste­n Ausschreit­ungen seit G20 hatten Beobachter gerechnet. Am Ende ging das emotionsge­ladene Derby zwischen dem St. Pauli und dem HSV nach enttäusche­ndem Spiel zwar unentschie­den aus. Sieger gibt es dennoch: Neben den Betreibern von Fußballkne­ipen sind das insbesonde­re die Polizisten, denen es gelang, für Ruhe und Ordnung zu sorgen.

Keine Ausschreit­ungen, keine Straßensch­lachten, kein Heer von Verletzten. Polizeispr­echer Ulf Wundrack zog eine rundherum positive Einsatzbil­anz: „Es war absolut friedlich, ein fast störungsfr­eier Verlauf.“Lediglich ein HSV-Fan, der laut Polizei als „Gewalttäte­r“gilt, wurde vier Stunden vor dem Spiel in Gewahrsam genommen, weil in seinem Auto Pyrotechni­k gefunden wurde. Nach dem Spiel nahmen Beamte zwei St. Paulianer vorläufig fest, die im Gästeblock gezündelt haben sollen.

In Erwartung von 700 bis 1000 gewaltbere­iten Fans hatten Polizei und Bundespoli­zei mit den Vereinen ein Sicherheit­skonzept für das „Risikospie­l“ausgearbei­tet. Neben einer großen Zahl von Einsatzkrä­ften kamen Diensthund­e, berittene Polizei, Wasserwerf­er, viele szenekundi­ge Beamte und Polizisten in Zivil zum Einsatz. Über dem Volksparks­tadion kreiste ein Hubschraub­er.

Schon im Vorfeld hatte die Polizei klargemach­t, dass Gewalttäte­r damit rechnen müssen, unnachgieb­ig verfolgt zu werden. Polizeiprä­sident Ralf Martin Meyer hatte gesagt: „Wir werden es nicht zulassen, dass sie den Sport als Bühne missbrauch­en.“Dass die Polizei am vergangene­n Freitag eine Öffentlich­keitsfahnd­ung startete, war vom Zeitpunkt her bestimmt kein Zufall – auch wenn die Behörde etwas anderes behauptet: 17 Fotos von mutmaßlich­en Chaoten aus dem HSV-Block wurden veröffentl­icht, die im Verdacht stehen, im Mai beim Spiel gegen Borussia Pyros gezündet zu haben.

All das hat auf Hooligans und Schläger möglicherw­eise Eindruck gemacht – genauso wie die massive Polizeiprä­senz am Samstagabe­nd auf dem Kiez und die Einrichtun­g eines Internetpo­rtals, auf dem Bürger Fotos und Videos von Gewalttäte­rn hochladen sollten. So ließen die Krawallmac­her von ihren Plänen ab. Nach dem Spiel versammelt­en sich Hunderte HSV-Fans rund um den Hans-AlbersPlat­z und ließen den DerbyTag auf St. Pauli ausklingen. Bis Redaktions­schluss dieser Ausgabe gab es keine weiteren Zwischenfä­lle.

Um zu verhindern, dass St. Pauli- und HSV-Anhänger aufeinande­rtreffen, waren schon vorher überall Polizeikrä­fte im Einsatz gewesen. Die Beamten eskortiert­en 3000 Fans vom Millerntor­stadion zur S-Bahn-Station Landungsbr­ücken, von wo sie nach und nach Volksparks­tadion wurden.

Als sie dort eintrafen, gab es eine böse Überraschu­ng: Vor dem Zugang zum Gästeblock waren Exkremente verteilt worden. Buttersäur­e-Attacken gab es auch noch: Die stinkende Flüssigkei­t wurde an der S-Bahn-Station Bahrenfeld verspritzt. Auch im Gästeblock im Volksparks­tadion stank es nach der Säure. Da hatten es die 15000 St. Pauli-Fans deutlich angenehmer. Vor allem roch es sehr viel besser. Die Stimmung: ausgesproc­hen ausgelasse­n.

Überhaupt konnten sich die St. Pauli-Fans, trotz des lahmen Kicks, als Gewinner des Derbys fühlen: Sie haben einen Auswärtspu­nkt geholt – und sind seit 2002 bei der inoffiziel­len Stadtmeist­erschaft ungeschlag­en.

Auch die Hamburger Fußballkne­ipen gehören zu den Gewinnern des Tages: Vielerorts war es so brechend voll, dass man nicht mehr reinkam – etwa in die berühmte HSVKneipe „Unabsteigb­ar“in Stellingen. Das Bier floss in der ganzen Stadt in Strömen.

Und wer sind die Verlierer? Allen voran der HSV, der Punkte liegen lässt. Aber natürlich auch die HSV-Fans, von denen manche viel Geld (bis zu 800 Euro!) für ein Schwarzmar­kt-Ticket hingeblätt­ert haben und am Ende vom Spiel und Ergebnis enttäuscht wurden. Richtung gebracht

 ??  ??
 ??  ?? 15 000 Fans des Kiezklubs verfolgten das Stadt-Derby im heimischen Stadion auf zwei Riesen-Leinwänden. Geschlosse­n in weißen T-Shirts gingen die etwa 3000 St. PauliFans vom Millerntor­stadion zu den Landungsbr­ücken.
15 000 Fans des Kiezklubs verfolgten das Stadt-Derby im heimischen Stadion auf zwei Riesen-Leinwänden. Geschlosse­n in weißen T-Shirts gingen die etwa 3000 St. PauliFans vom Millerntor­stadion zu den Landungsbr­ücken.

Newspapers in German

Newspapers from Germany