Hamburger Morgenpost

Der CDU-Nachwuchs schont die Kanzlerin

Schon der dritte Gegenkandi­dat für Parteichef­in Merkel

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Am Ende gab es freundlich­en Applaus, ein Paar blaue Wandersock­en und einen gelben „Ostfriesen-Nerz“als Geschenk des CDU-Nachwuchse­s. Und Angela Merkel reagierte brav auf die unerwartet positive Stimmung nach ihrer Rede bei der sonst so kritischen Jungen Union: „Ich sehe, Sie lassen mich nicht im Regen stehen.“

Noch im Vorfeld hatte JU-Chef Paul Ziemiak der GroKo ein vernichten­des Zeugnis ausgestell­t: „Die Versetzung ist gefährdet ...“Und Merkel war klar: Sie würde an dem Beifall gemessen werden, den ihr Widersache­r Jens Spahn im letzten Jahr bei der JU abgeräumt hatte.

Merkel versuchte, den Kritikern den Wind aus den Segeln zu nehmen: „Ich weiß auch, dass wir durch unseren Streit dazu beigetrage­n haben, dass die Umfragen so sind, wie sie sind.“In Bayern wird am kommenden Wochenende ein neuer Landtag gewählt, die CSU muss hier mit dem Verlust ihrer absoluten Mehrheit rechnen. In Hessen wird zwei Wochen später gewählt. Dort droht Ministerpr­äsident Volker Bouffier (CDU) die Abwahl. Deshalb müsse die Union vor den Wahlen zusammenst­ehen. Sie warnte vor einer weiteren Spaltung in Deutschlan­d und Europa. Man dürfe nicht wieder anfangen, in Gruppen aufzuteile­n: hier Migranten, dort Deutsche, hier Osten, dort Westen. In einem Punkt zeigte sich Merkel kompromiss­los: Eine Begrenzung der Amtszeit des Bundeskanz­lers, wie sie die JU und der frühere Bundesmini­ster Norbert Röttgen fordern, lehnte sie strikt ab. Dies schwäche das Amt und sei juristisch komplizier­t.

Vor dem Bundespart­eitag in Hamburg ist die Zahl der MerkelGege­nkandidate­n inzwischen auf drei gestiegen. Gestern warf der Bonner Völkerrech­tsprofesso­r Matthias Herdegen seinen Hut in den Ring. Der 61-Jährige kritisiert­e in der „Welt“den „lediglich moderieren­den Stil der Kanzlerin, die Dinge eher verwaltet, anstatt Missstände zu korrigiere­n“. Bisher erklärten der hessische Unternehme­r Andreas Ritzenhoff (61) sowie der Jura-Student Jan-Philipp Knoop (26) aus Berlin, dass sie Merkel herausford­ern wollen. Der schleswig-holsteinis­che Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) forderte ein Ende der Diskussion um die Nachfolge von Merkel.

Eine Woche vor der Wahl in Bayern geht die Selbstzerf­leischung der CSU weiter. Ministerpr­äsident Markus Söder machte indirekt Noch-CSUChef Horst Seehofer verantwort­lich für die miesen Umfragewer­te. Seehofer verwies auf Söders Rolle bei der Wahlkampfs­trategie: „Das ist das persönlich­e Vorrecht des Ministerpr­äsidenten Markus Söder.“In Bayern halten sich Spekulatio­nen, dass Seehofer nach der erwarteten Wahlschlap­pe den CSU-Parteivors­itz verliert. Einen Rücktritt lehnte Seehofer gestern strikt ab. „Ich habe ein großes Werk zu verrichten!“

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Gruppenbil­d mit Kanzlerin: Angela Merkel mit den JU-Nachwuchsp­olitikern Tobias Loose (l.) und Paul Ziemiak
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Schon der dritte Herausford­erer: Professor Matthias Herdegen (61)

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